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Ihre Augen waren halb geschlossen …

Die feuchte, schwüle Luft hier wirkte so angenehm einschläfernd …

Man konnte sich hier leichter als anderswo Träumereien hingeben, die der Wirklichkeit wenigstens für kurze Zeit etwas von ihrer grenzenlosen Hoffnungslosigkeit nahmen.

Gertrud Deickmann empfand diese Leere, Eintönigkeit und Zwecklosigkeit ihres Daseins erst so recht seit jenem Tage, als ihr der funkelnde, farbensprühende Glückstalisman verloren ging …

Oft genug hatte sie in stillen Nachtstunden den Stein der Wangorows aus seinem Versteck hervorgeholt und wie hypnotisiert in das Farbenspiel der wasserklaren geschliffenen Flächen gestarrt …

Seltsam: dann war stets in ihre Seele die feste Überzeugung eingekehrt, daß ihr Kind noch lebe und daß eines Tages dieses Kind ihrem Dasein liebevoller Inhalt werden würde, daß dann auch der Stein seine mehr prosaische Kraft als Spender bescheidenen Reichtums zum Nutzen ihres Kindes beweisen würde …

Der Talisman war gestohlen …

Und als man ihn geraubt hatte, war die zweite verhängnisvolle Stunde gekommen: die Stunde hier im Palmenhause, die Unterredung mit Reinhold Bergner und so der freudige Blick in eine Zukunft, die … stets Märchenland bleiben würde, bleiben mußte!

Seitdem erschien Gertrud Deickmann dieses ganze Dasein wie ein Zerrbild dessen, was einem jungen Weibe mit regen Sinnen, mit heimlichem Sehnen und … schuldlosem Herzen geboten werden könnte!

Sie glaubte nicht daran, daß der Stein der Wangorows

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Walther Kabel: Der Stein der Wangorows. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1926, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stein_der_Wangorows.pdf/86&oldid=- (Version vom 31.7.2018)