Seite:Der Talmud auf der Anklagebank durch einen begeisterten Verehrer des Judenthums - 013.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Ignatz (Isaac) Lichtenstein: Der Talmud auf der Anklagebank

zu schlachten. Er erwiederte: Dieses würde einen Segenspruch erfordern, der so nicht nöthig ist. Es ist wohl kaum nöthig daran zu erinnern, daß das mosaische Gesetz gebietet: לא תרצח‎ „du sollst nicht morden.“

Was soll aber der verständige Leser bei dieser Erinnerung empfinden? soll er die heilige Einfalt bewundern oder belächeln!? Mich wenigstens erinnerte dies an einen Schwiegersohn, (ich könnte ihn beim Namen nennen) der seinen Schwiegervater anklagte, weil er im Ueberdruße gegen seinen lärmenden Enkel entrüstet rief: „Ich erschlage den Fratz, wenn er nicht schweigt!“ Nein, mit solchen stumpfen, einfältigen Waffen lassen die Heroen des Talmuds sich nicht bekämpfen. Lehrt ja die Erfahrung (so mancher Ehemann macht sie gar zu oft), daß die edelsten, bestmüthigsten Menschen die keinen Wurm zertreten möchten, in ihrer Aufregung am heftigsten drohen, fluchen, zetern.

Wahr ist’s, die Talmudisten hatten grenzenlose Verachtung, tiefen eingewurzelten Haß gegen den Amhaarez (Erdvolk), gegen rohe Weltlinge, gegen die ärgste Sorte Nihilisten, die keine Religion, keine Moral, kein menschliches Rühren, kein Erröthen, kein Sittlichkeitsgefühl, kein Eigenthumsrecht kennen, die Kultur, Wissenschaft verachten, ihr eigenes Leben gefährden, das Leben anderer bedrohen, von Gott sich abwenden, seine Diener, die Träger seiner Lehre hassen, (Brachus 47, 2. Psachim 49, 1. Sanhedrin 70, 2.) und haben oft ihren Abscheu, ihre Verdammung drastisch genug ausgedrückt; aber Lynchjustiz, Morden! — wo findet sich nur die geringste Spur im Talmud, daß wer einen Amhaarez getödtet — straflos ausgegangen sei?? Sonderbar! Sollte denn dem Verfasser, dem großes Wissen, unerschöpfliche Quellen als Scheinanklagen zur beliebigen Verfügung standen, gerade eine einfache Mischna Makus 7, 1. die der böswilligste Scholastiker nicht mißdeuten kann, und die daher einen großen Theil seiner Anklagen gegen den Talmud, überhaupt aber seine Vorurtheile gegen das Synedrium (S. 501) wie Spreu verwehet — vorenthalten geblieben sein? סנהדרין ההורגת אחד בשבוע נקר׳ חובלנ׳ רבי אליעזר בן עזריה אומר אחד לשבעים שנה רבי טרפון ו״ר עקיבא אומרים אילו

Empfohlene Zitierweise:
Ignatz (Isaac) Lichtenstein: Der Talmud auf der Anklagebank. Buchdruckerei von Victor Hornyánszky, Budapest 1886, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Talmud_auf_der_Anklagebank_durch_einen_begeisterten_Verehrer_des_Judenthums_-_013.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)