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Ignatz (Isaac) Lichtenstein: Der Talmud auf der Anklagebank

seinen heiligen Beruf begeisterter Rabbiner denkt, wenn er keine einzige Masche von dem sich bewährten mehr als tausendjährigen heiligen Gewebe lockern will, damit das Ganze nicht unversehens auseinander falle; – was endlich Christus (Matth. 13, 29–30) durch den klugen Hausvater, den Knechten auf die Frage: Willst du denn, daß wir hingehen und das Unkraut ausjäten? antworten ließ: – „Nein! auf daß ihr nicht zugleich den Weizen mit ausraufet, so ihr das Unkraut ausjätet. Lasset beides miteinander wachsen, bis zu der Ernte, und um der Erntezeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuvor das Unkraut, und bindet es in Bündlein, daß man es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheuern.“

Aber das Eine läßt sich nicht bestreiten, daß der Talmud von Amuleten, Beschwörungen, Magie, Dämonen, Heilkünstlern u. s. w. mitunter – fabelt, und somit spricht der Schein zu Gunsten des Anklägers, (22. Abschnitt) daß der Talmud den Aberglauben begünstiget, während aber bei näherer Untersuchung, ein Verehrer Christus in peinlicher Verlegenheit ist – Worte zu finden, die nicht zweischneidig sind – denn wer mit den Parteikämpfen unter den letzten Königen der Hasmonäer, somit in der jüdischen Religionsgeschichte nur halb vertraut ist, weiß es, daß die Essäer (Taucher, Heilkünstler) es waren, die sich fast professionsmäßig mit Wunderkuren, Beschwörungen von Dämonen u. s. w. befaßten, während die Pharisäer (ein R. Simon ben Schetach, ein Hillel an ihrer Spitze) die mit Kraft und Energie dem talmudischen Judenthume ihr Gepräge aufdrückten, ihre entschiedensten Gegner waren, und Psachim 110, 2. den allgemeinen Grundsatz aufstellten „כללא דמילת׳ כל דקפיד קפיד בהדי׳ ודלא קפיד לא קפיד בהדי׳“ „Wer Dämone fürchtet, den belästigen, ängstigen Dämone; wer aber furchtlos ist, bleibt von Dämonen unangefochten.“ d. h. nach Luther „Wenn man nach einem Geist fahndet, so verwundet man sich selbst.“ – Auch waren die Essäer mit ihrem Mysticismus, mit ihrer Vorausverkündigung betreffs des heiligen Geistes und des Himmelreiches, die geeignetsten Bahnbrecher, die eifrigsten Pionniere des Christenthumes und Christus, der die Pharisäer

Empfohlene Zitierweise:
Ignatz (Isaac) Lichtenstein: Der Talmud auf der Anklagebank. Buchdruckerei von Victor Hornyánszky, Budapest 1886, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Talmud_auf_der_Anklagebank_durch_einen_begeisterten_Verehrer_des_Judenthums_-_017.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)