Seite:Der Tempel Salomonis.pdf/17

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Kein Trinkwasser, keine Nahrungsmittel, dazu der dauernde Aufenthalt in halb verbrauchter Luft und halber Dunkelheit (denn die Öllampen verpesteten die Luft nur allzu sehr!) – das waren die traurigen Umstände, unter denen sie hier ausharren mußten.

Jede Nacht stieg Paul Loring mit Hilfe der Säule an die Oberwelt empor, um zu sehen, was die Feinde trieben, ob sie nicht bald die Oase verlassen würden und ob es ihm selbst vielleicht gelänge, etwas Wasser heimlich aus dem bescheidenen Teiche zu erbeuten oder gar Lebensmittel sich irgendwie anzueignen.

Jede Nacht kehrte er enttäuscht und traurig heim. Die Oase und der versteinerte Wald hatten stets von Beduinen gewimmelt, die mit Fackeln aus Palmfasern hin und her eilten und diejenigen suchten, die sich so sehr in ihrer Nähe befanden, nur durch eine vielleicht zwei Meter hohe Sandschicht von den Verfolgern getrennt.

Am meisten litten der dicke Bolz, der Chemiker Doktor Wallner und Janos Preszöni, der Ungar, unter dem vollständigen Mangel an Speise und Trank. Bei dem roten Knirps stellten sich am vierten Tage abends bereits Erscheinungen des Hungerfiebers ein.

Da war es der Ingenieur Ring, der auf den Gedanken kam, die steinharten Lebensmittel, in denen man noch Brot und gedörrtes Fleisch erkannte, zu Pulver zu zerkleinern und in dieser Form hinabzuwürgen, nachdem man das Pulver noch mit Olivenöl zu einem dicken Brei angerührt hatte.

Niemals haben wohl Menschen merkwürdigere Dinge zur Stillung ihres Hungers benutzt, als die jetzigen Bewohner des alten, verschütteten Tempels. Aber – auch nur auf diese Weise überstanden sie diese Tage der Einkerkerung. Der rote Knirps erholte sich etwas, und als am fünften Tage dann die Meldung kam, daß die Iringi abgezogen wären, da war der Dicke einer der ersten, die ans Licht des Tages zurückstrebten.




Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Der Tempel Salomonis. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Tempel_Salomonis.pdf/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)