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daß alle Armenier, etwa 25 000 an Zahl, deportiert werden sollten. Sie sollten mit dem Güterzug nach Konia fahren, wenn sie die Fahrt bezahlen konnten, und dann mit dem Wagen nach Mosul, die anderen sollten zu Fuß gehen, eine Reise, die Wochen und Monate dauert. Uns erreichten noch furchtbare Berichte von solchen, die sich zu Fuß aufgemacht hatten, und auch von solchen, die ihren letzten Besitz verkauft hätten, um die Fahrt bezahlen zu können. Geld mitzunehmen fürchteten sie sich. Die Armen hatten ja auch keins. Die Reichen mußten all ihr Eigentum zurücklassen. Nahmen sie Geld mit sich, so hatten sie nur Mißhandlungen zu befürchten. Als der Mittwoch gekommen war, gab es keine Güterzüge mehr, um die, die fahren wollten, fortzuschaffen. Jetzt wurden alle noch Zurückgebliebenen auf die Straße gesetzt; dort sollten sie warten, bis sie an die Reihe kämen.“


2. Smyrna, Angora, Konia, Kastamuni.


Im westlichen Anatolien gab es niemals etwas, das einer „armenischen Frage“ ähnlich gesehen hätte. Die Verhandlungen, die zwischen den Mächten und der Türkei über „Reformen in den von Armeniern bewohnten Provinzen“ geführt worden sind, hatten sich immer nur auf die ostanatolischen Provinzen und höchstens noch auf Cilicien bezogen. Wollte man auch im westlichen Anatolien eine „armenische Frage“ haben, so mußte sie erst künstlich von der Regierung geschaffen werden. Die Art des Vorgehens aber erübrigte es, für die westanatolischen Armenier erst irgend einen Anlaß für die Deportation zu suchen. Man hatte vor zwei Jahren schon die griechischen Dörfer an der westanatolischen Küste und in der Umgegend von Smyrna ohne irgend welchen Grund ausgeräumt und die Einwohner aus dem Lande verwiesen. Jetzt wünschte man sich auch der armenischen Bevölkerung zu entledigen. Auch hier hat verschiedentlich die türkische Bevölkerung dagegen Einspruch

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Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/163&oldid=- (Version vom 31.7.2018)