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und Personen, meist Männer, Frauen und Kinder getrennt, wurden in kleinen Trupps von 10 bis 20 Personen auf muhammedanische Dörfer verteilt, um dort islamisiert zu werden.

Aus den östlichen Wilajets führte nur die Straße über Bitlis und Sört an den Tigris nach Djefireh und Mosul hinunter. Diese Transporte sind zum Teil unterwegs vernichtet oder in den Fluten des Tigris ertränkt worden.

Eine Zufluchtsstätte jenseits der türkischen Grenze konnten nur die Bewohner der Grenzdistrikte des Wilajets Erzerum und die Umwohner des Wansees erreichen. Aus Dörfern bei Sueidije am Ausfluß des Orontes konnte sich ein Haufe von 4058, darunter 3004 Frauen und Kinder, auf den Dschebel-Musah flüchten. Er wurde an der Küste von einem französischen Kreuzer aufgenommen und nach Alexandrien geborgen.9)

Über den Zustand der Karawanen, die Kharput und die Straßen Marasch-Aintab-Aleppo und Aintab-Urfa-Rasul-Ajin passierten, liegen Berichte von Augenzeugen vor.

Amerikanischer Konsularbericht.

Aus Kharput schreibt der amerikanische Konsul Leslie A. Davis:

Kharput, den 11. Juli 1915.

„Wenn es sich einfach darum handelte, von hier fort nach einem andern Ort zu ziehen, so wäre das erträglich; aber jedermann weiß, daß es sich bei den jetzigen Ereignissen darum handelt, in den Tod zu gehen. Wenn darüber noch ein Zweifel herrschte, ist er beseitigt worden durch die Ankunft einer Reihe von Transporten, die aus Erzerum und Erzingjan kommend, sich auf mehrere Tausend Personen beliefen. Verschiedene Male habe ich ihr Lager besucht und mit einigen der Leute gesprochen. Einen jammervolleren Anblick kann man sich schlechthin nicht denken. Fast ausnahmslos sind sie zerlumpt, hungrig, schmutzig, krank; das ist kein Wunder angesichts der Tatsache, daß sie beinahe


[Ξ] 9)

Vgl. den fesselnden Bericht über die Flucht der Armenier von Suedije von Pastor Digran Andreasjan, der im Anhang von Lepsius, Dtschl. und Arm. abgedruckt, auch im Tempelverlag in Potsdam separat erschienen ist, „Suedije, eine Episode aus den Armenierverfolgungen des Jahres 1915.“ M. 0,50.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/172&oldid=- (Version vom 31.7.2018)