Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/181

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

mit Blut vermischt war. Auch am dritten Tage kamen wir auf dem Wege nach Arghana an Leichenhaufen vorüber. Hier waren die Männer und die Frauen gesondert getötet worden.

Am sechsten Tage kamen wir in ein Kurdendorf. Hier verlangten uns die Gendarmen unser Geld und allen Schmuck, den wir noch hatten, unter Bedrohung unserer Ehre ab. Am neunten Tage nahmen sie uns auch alle Wäsche fort. Als wir nach Diarbekir kamen, wurden alle unsere Lasttiere abgeführt und eine Frau und zwei junge Mädchen von dem Gendarmen weggeschleppt. 24 Stunden lang saßen wir im Sonnenbrand vor den Mauern von Diarbekir. Aus der Stadt kamen Türken und nahmen uns unsere Kinder weg. Gegen Abend hatten wir uns zum Aufbruch bereit gemacht, als wir von Türken, die aus der Stadt kamen, angegriffen wurden. Da ließen wir alles, was wir noch an Gepäck hatten, im Stich und stoben auseinander, um unser Leben und unsere Ehre zu retten. In der Nacht wurden wir noch dreimal von Türken angegriffen und die Mädchen und jungen Frauen weggeschleppt.

Am folgenden Tage wurden wir viele Stunden nach Süden weiter getrieben, ohne Wasser zu finden. Mehrere von uns brachen vor Hunger und Durst zusammen. Jeden Tag wurden wir angegriffen und mißhandelt. Einige von uns wurden weggeführt. Eine Frau, die Widerstand leistete, als man ihre Töchter wegnehmen wollte, wurde von einer Brücke herabgestürzt, so daß sie einen Arm brach. Dann wurde sie mit einer ihrer Töchter von einem Felsen herabgestürzt. Als die andere Tochter dies sah, stürzte sie sich ihnen nach, um mit ihrer Mutter und Schwester zusammen zu sterben.

Als wir in die Nähe von Mardin kamen, ließ man uns 8 Tage lang im Sonnenbrand auf freiem Felde liegen. In der Nähe war ein Wasserbassin. Während der Nacht ließen die Türken das Bassin auslaufen und über das Feld fließen, auf dem wir lagerten. Dann schossen sie auf uns

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/181&oldid=- (Version vom 31.7.2018)