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jeder Anlaß zu irgend welchen Zwischenfällen oder politischen Mißverständnissen unter den verschiedenen Elementen der Bevölkerung vermieden werden.
Indem wir Ihnen ein besonderes Maß von Arbeitskraft in diesen besonderen Zeiten wünschen, senden wir Ihnen unsere freundschaftlichen Grüße.
Das Bureau von Konstantinopel.“

Die weitere Korrespondenz des Bureaus, die bis zur allgemeinen Deportation vorliegt, bewegt sich unentwegt auf der Linie der Loyalität. Die Verbindung mit dem jungtürkischen Komitee, die zur Bestürzung der Führer allmählich abzureißen drohte, wird immer wieder angeknüpft. Nach und nach kommt die Sorge zum Ausdruck, daß die ungeordneten Zustände in den Provinzen und die panislamische Tendenz der Regierung eines Tages Anlässe zu einem Schlage gegen die christlichen Nationalitäten suchen könne. Mit wachsender Beängstigung werden die Symptome registriert, die dieser Befürchtung Recht zu geben scheinen. Jeder denkbare Weg wird beschritten, um die Regierung von der Loyalität der Daschnakzagan zu überzeugen. Die persönlichen Beziehungen der Führer der Daschnakzagan mit den jungtürkischen Führern werden angespannt, um das drohende Verderben aufzuhalten, bis endlich die schmerzliche Überzeugung zum Ausdruck gelangt, daß alle Loyalität und Treue der Daschnakzagan gegen das jungtürkische Komitee umsonst war und daß ihr Vertrauen nur dazu gemißbraucht wurde, um sie über die Absichten der türkischen Regierung zu täuschen.

Die Lektüre dieser Korrespondenz macht einen erschütternden Eindruck. Man sieht, wie sich ein Steinchen auf der Höhe eines Schneefeldes löst, wie der Ball ins Rollen kommt und wächst, bis endlich eine ungeheure Lawine in die blühenden Gefilde des armenischen Volkes niederrast und wahllos Dörfer, Städte, Besitz, Kultur und Menschenleben in einer ungeheuren Katastrophe begräbt.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/217&oldid=- (Version vom 31.7.2018)