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Er war Parlamentsmitglied für Konstantinopel und stand in nahen persönlichen Beziehungen zu den führenden Männern der türkischen Regierung. Als im März 1909 die jungtürkische Regierung gestürzt worden war und Abdul Hamid wieder das Heft in die Hand bekam, war das Leben der jungtürkischen Führer keinen Pfennig Wert. Damals flüchteten sich die Männer, die gegenwärtig an der Macht sind, in die Häuser ihrer armenischen Freunde. Halil Bey, Minister des Auswärtigen,[1] der heute neben Talaat Bey und Enver Pascha den größten Einfluß besitzt, floh damals in die Wohnung seines Freundes Sohrab, der ihn mit eigner Lebensgefahr 14 Tage bei sich versteckt hielt, bis die Reaktion niedergeworfen und Sultan Abdul Hamid entthront war. Mahmud Schewket Pascha und Talaat Bey hatten sich ebenfalls bei ihren armenischen Freunden versteckt, andere Jungtürken waren in die Redaktion des Azatamart geflüchtet. Auch in den Provinzen fanden die Jungtürken bei den Armeniern Schutz vor ihren reaktionären Feinden. In Erzerum brachten die Daschnakzagan die jungtürkischen Führer in die Konsulate und in ihre Häuser, und als ein Teil von ihnen gefangen nach Baiburt transportiert wurde, eskortierten die Daschnakzagan den Transport, um ihre politischen Freunde vor einem Überfall zu schützen. Obwohl sich inzwischen in den freundschaftlichen Beziehungen zwischen Jungtürken und Daschnakzagan nichts geändert hatte, waren jetzt alle diese Dienste vergessen und die damaligen Lebensretter wurden gleich allen andern führenden Armeniern in die Verbannung geschickt. Der Abgeordnete Sohrab hatte auch sonst sich als wertvoller[WS 1] Mitarbeiter der jungtürkischen Regierung erwiesen. Als hervorragender Jurist wurde er von den Führern der Regierung um die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen gebeten, auch in der Kammer war er unermüdlich in den Kommissionen tätig.


  1. Bis vor kurzem war er Kammerpräsident.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: wertvollen
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/227&oldid=- (Version vom 31.7.2018)