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Führer noch weiter ins Innere zu transportieren, über Adana und Aleppo bis nach Diarbekir.

Wartkes und Sohrab blieben zunächst noch in Konstantinopel. Kam Wartkes zu seinen jungtürkischen Freunden, so hieß es: „Warum kommen Sie nicht öfter?“ Es schien, als ob man auf freundschaftlichem Wege noch etwas erreichen könnte. Vielleicht war die Verschickung der Intellektuellen nur eine Vorsichtsmaßregel gewesen. Die jungtürkischen Führer hatten Grund, ein schlechtes Gewisien gegenüber ihren armenischen Freunden zu haben. Versprechungen, die sie in der Zeit der Not gemacht hatten, waren nicht gehalten worden, und die Reformen wurden in dem Augenblick, wo sie verwirklicht werden sollten, wieder rückgängig gemacht. Vielleicht schlossen die Jungtürken von sich auf ihre armenischen Freunde und dachten, daß sie in solchem Falle ihren politischen Kameraden die Treue nicht gehalten, sondern auf Rache gesonnen hätten. So mochte das Vorgehen gegen die Daschnakzagan aus dem schlechten Gewissen der jungtürkischen Führer erklärbar sein. Da aber die Daschnakzagan ein gutes Gewissen hatten, versuchten sie immer noch, die Männer der Regierung von ihrem Irrtum zu überzeugen, ohne zu verhehlen, wie sehr sie sich durch das Vorgehen ihrer Freunde gegen sie persönlich verletzt fühlten. Noch am 1. Mai schrieb Wartkes an seine Parteifreunde: „Das Unglück unserer Kameraden hat uns gelehrt, daß unsere loyale Haltung der Regierung gegenüber völlig vergeblich gewesen ist. Vielleicht kann man die Maßregel, wenn auch nicht verhindern, so doch wenigstens mäßigen. Wir bemühen uns, die Regierung davon zu überzeugen, daß wir keine separatistischen Bestrebungen haben und keine andere Souveränität als die des Sultans wünschen. Wir sehen deutlich, daß die Regierung nicht davon überzeugt ist, wir hätten eine revolutionäre Bewegung gegen sie organisiert und seien ihre Gegner. Sie ist beinahe vom Gegenteil überzeugt, denn

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Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/229&oldid=- (Version vom 31.7.2018)