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Türkei gewinnen, die in ihrem maßlosen Nationalismus für die Folge ihrer Handlungsweise völlig blind ist, die Araber und Juden ebenso vor den Kopf stößt, wie sie Armenier, Griechen und Syrer vernichtet, so wird am Ende des Krieges die ganze arabische Hälfte des Reiches in den Händen Englands sein.“ Er tröstete sich damit, daß nach dem Anschluß Bulgariens deutsche Truppen die Dardanellenarmee entlasten und türkische Heereskräfte für Mesopotamien frei werden würden. Von einem Feldzug gegen Ägypten sagte er nichts. Ich erwiderte, daß der wirtschaftliche Ruin der Türkei durch alle militärischen Erfolge nicht aufgehalten würde, und daß, wenn das Schicksal der Armenier an den Tag käme, die Pforte bei den Friedensverhandlungen moralisch unmöglich sein würde. Es müsse die stärkste Pression auf die Pforte ausgeübt werden, um den Verschickungen Einhalt zu gebieten und mindestens für die Erhaltung des Lebens der Deportierten zu sorgen. Der Unterstaatssekretär war bereit, alles zu tun, was in seinen Kräften stehe, und wollte die deutsche Hilfsarbeit auf jede Weise unterstützen, sah aber in der Hauptsache keinen Weg, um das Unheil aufzuhalten: „Was sollen wir tun? Unser Bündnis mit der Türkei steht auf den sechs Augen von Talaat, Enver und Halil. Wenn die drei nicht auf uns hören, bliebe uns nur, das Bündnis aufzulösen. Und das können wir nicht.“

Die Zusage der Unterstützung unserer Hilfsbestrebungen ist eingehalten worden. Als im Frühjahr 1917 die Verordnung erschien, daß alle Sammlungen zu wohltätigen Zwecken der Genehmigung des Ministers des Innern bedürfen und mein Gesuch für armenische Sammlungen abgelehnt wurde, hat mir das Auswärtige Amt die Genehmigung beim Minister erwirkt, die dann auch ohne weiteres von drei zu drei Monaten erneuert wurde. Leider mußte ich meine Sammeltätigkeit bis zur Gewährung der Genehmigung monatelang unterbrechen, ein Übelstand, der dadurch noch verschärft wurde, daß die Deutsche

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Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite XXII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/25&oldid=- (Version vom 31.7.2018)