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Es scheint nicht, daß die führenden Männer des Komitees für Einheit und Fortschritt aus den üblen Erfahrungen, die sie mit ihrer nationalistischen und panislamischen Politik gemacht hatten, gelernt haben. Im Gegenteil, man versteifte sich je mehr und mehr auf die chauvinistischen und intoleranten Prinzipien, die man sich zur Richtschnur gemacht hatte.

Noch im Herbst 1911, als bereits Tripolis verloren war und die Aufstände im Yemen jeder Waffengewalt siegreichen Widerstand geleistet hatten, bekannte sich der Parteitag des Komitees für Einheit und Fortschritt, der Anfang Oktober in Saloniki tagte, zu den gleichen radikal zentralistischen und panislamischen Grundsätzen.

Das Komitee für Einheit und Fortschritt, das das Reich regiert, bestand statutengemäß nur aus Türken. Die Wahl auch nur eines einzigen Arabers in das Komitee wurde abgelehnt. Die Grundsätze, die damals in bezug auf die Behandlung der christlichen Nationalitäten des Balkans, der ja noch unter türkischer Herrschaft stand, aufgestellt wurden, sind zwar heute nach dem Verlust der europäischen Reichsteile gegenstandslos geworden, aber es verlohnt der Mühe, sich dieselben noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, weil sie für die christlichen Nationen der asiatischen Türkei in Geltung geblieben und genau so, wie es für den Balkan beabsichtigt war, während des jetzigen Krieges durchgeführt worden sind.

Im Oktober 1911 war auf dem jungtürkischen Kongreß in Saloniki das Folgende beschlossen worden:

Die Entwaffnung der Christen in Mazedonien solle durchgeführt werden. Die Muhammedaner sollten im allgemeinen ihre Waffen behalten; wo sie in der Minorität seien, sollten Waffen unter sie von den Behörden verteilt werden. Verdächtige Personen müßten verschickt und der Gendarmerie und den Truppen freie Hand gegeben werden. Die Militärgerichtshöfe müßten in beständiger
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Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/255&oldid=- (Version vom 31.7.2018)