Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/283

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Sämtliche Industrieartikel werden in der Türkei vom Ausland importiert. Ja sogar der Fez, der einen wichtigen, beinahe religiös empfundenen Teil der türkischen Nationaltracht bildet, wird in Österreich und seit zwei Jahren auch in Deutschland hergestellt. Zwar existiert in Konstantinopel seit 30 Jahren eine Fezfabrik, die aber bis heute nicht gelernt hat, konkurrenzfähige Ware zu erzeugen.

Von sachkundiger Seite wird über die Lage des Importhandels in der Türkei folgendes ausgeführt:

„Die Hauptartikel des Importes sind die Folgenden: Baumwoll- und Wollstoffe, Baumwollgarne, Trikotagen, Konfektionsartikel und alle Bekleidungsartikel. „Sehen Sie“, sagte ein Türke, „alles was ich trage, mit Ausnahme meines Bartes, stammt aus Frengistan (Europa). Wenn diese Frengi (Europäer) nicht wären, müßten wir noch wie zur Zeit Adams und Evas nackt herumgehen“. Maschinen wurden aus Deutschland, England und Amerika, Eisen- und Stahlwaren aus Deutschland und England, teilweise auch aus Amerika, Bauholz aus Österreich, Rumänien und Schweden, in letzter Zeit auch aus Bulgarien importiert. Zement und Ziegel kamen aus Frankreich, Zucker aus Österreich, Rußland und in den letzten Jahren auch aus Deutschland, obwohl die Türkei große für den Rübenbau sehr geeignete brachliegende Bodenflächen besitzt. Selbst das einheimische türkische Mehl ist in den Hafenstädten durch russisches, rumänisches und französisches Mehl verdrängt worden. Die ganze Industrie der Türkei besteht aus einigen Fabriken in Konstantinopel, Smyrna, Tarsus und Mersina; doch auch diese Unternehmungen sind teilweise von Europäern und inländischen Christen finanziert und geleitet. Den Aufschwung der Teppichindustrie verdankt das Land Unternehmern und Exporteuren, die fast ausschließlich Armenier, Griechen, Juden und Europäer sind. Diese Industrie ist jedoch durch die Deportation der Armenier zum großen Teil, in den östlichen Provinzen, ihrer Arbeitskräfte beraubt worden,

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/283&oldid=- (Version vom 31.7.2018)