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Seit der Erklärung der Konstitution und bis in die jüngste Zeit hinein waren die jungtürkischen Führer mit den Führern der Daschnakzagan ein Herz und eine Seele gewesen. Die Daschnakzagan hatten die Jungtürken bei allen Wahlen durch ihre Organisation unterstützt, und zwischen den beiderseitigen Klubs bestand der freundschaftlichste Verkehr. Seit das Zentralkomitee in Konstantinopel das allgemeine Vorgehen gegen die Armenier beschlossen hatte, benützten die jungtürkischen Führer ihre Kenntnis der ihnen verbündeten armenischen Parteiorganisation dazu, um alle Daschnakzagan verhaften zu lassen. Schon am 12. April saßen die meisten Daschnakzagan hinter Schloß und Riegel. Bald darauf drangen die ersten Gerüchte von den Ereignissen in Wan nach Erzerum. Die armenischen Führer wurden nach unbekannten Gegenden deportiert. Ende April wurden 25 gefesselte Armenier von Erzingjan nach Erzerum gebracht. Bald darauf wurde von der Polizei in Erzerum ein gefälschter Brief publiziert, in dem gesagt war, daß die Partei der Daschnakzagan beschlossen habe, den Wali Tahsin Bey zu ermorden. Der Betrug wurde aufgedeckt, so daß die Polizei in beschämender Weise bloßgestellt wurde.

Als im Mai der türkischen Bevölkerung von Erzerum bekannt wurde, daß von Konstantinopel die allgemeine Deportation der armenischen Bevölkerung angeordnet sei, machte sie eine Eingabe an die Regierung, in der aufs dringendste verlangt wurde, daß im Wilajet Erzerum von der Maßregel abgesehen werden solle, weil sie im Falle der Eroberung des Gebietes durch die Russen für die an den Armeniern begangenen Untaten bestraft werden würden.

Mitte Mai begannen die Deportationen aus den Dörfern in der Ebene von Erzerum und aus der Gegend von Terdjan und Mamachatun. In den ausgeleerten Dörfern

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Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/77&oldid=- (Version vom 31.7.2018)