Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/98

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Eine Episode der Deportation von Gemerek, die von den deutschen Rote-Kreuz-Schwestern berichtet wurde, verdient noch Erwähnung:

„Als die Männer alle fort waren, bekamen die älteren Frauen die Erlaubnis, zu gehen, wohin sie wollten, aber 30 der hübschesten jungen Frauen und Mädchen wurden zusammengeholt, und man sagte ihnen: „Entweder ihr werdet Moslem oder ihr sterbt!“ – „Dann sterben wir“, lautete die kühne Antwort. Daraufhin wurde an den Wali in Siwas telegraphiert, der die Weisung gab, diese tapferen jungen Bekennerinnen, deren viele in amerikanischen Schulen erzogen worden sind, an Moslems zu verteilen.“

Der Bericht der deutschen Schwestern schließt hierauf mit den Worten: „Von der russischen Grenze bis westlich von Siwas ist das Land jetzt ziemlich vollständig von Armeniern gesäubert. Es ist nur ein trauriger Trost, daß die Türkei durch das Hinmorden ihrer besten Leute sich selbst ruiniert hat. Die Türken selbst freuen sich auf den Tag, wo eine fremde Macht die Zügel in die Hand nehmen und Gerechtigkeit schaffen wird. Die vollbrachten Untaten wurden keineswegs allgemein vom türkischen Volke als solchem gebilligt, wohl aber von den sogenannten gebildeten Türken.“

Der einzige Ort, in dem es im Wilajet Siwas zu einem Widerstand der armenischen Bevölkerung kam, war Schabin-Karahissar. Schabin-Karahissar liegt nördlich von der Straße Erzingjan-Siwas, in den Abhängen der pontischen Gebirgskette, die das Wilajet Trapezunt von den Wilajets Erzerum und Siwas scheidet. Die Bewohner von Schabin-Karahissar galten als tapfer. Alle Dörfer in der Umgegend von Schabin-Karahissar waren Mitte

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/98&oldid=- (Version vom 31.7.2018)