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sind Sie ja beide wieder da! Wie steht es mit Ihren Verletzungen? Sind sie zu schwer, um bei mir in der Kajüte behandelt werden zu können? Nein? Nun, dann kommen Sie beide mit mir, denn ich brenne darauf, Ihre Erlebnisse zu hören. Der Doktor soll kommen und sein Werkzeug mitbringen, dann können Sie mir erzählen, während er an Ihnen herumarbeitet. Sie können uns begleiten, Austin; ich sehe, Sie platzen beinahe vor Neugierde, die Abenteuer dieser fahrenden Ritter kennen zu lernen.“

Wir begaben uns in die Kapitänskajüte, wo der Steward zunächst Wein bringen mußte. Der Doktor schnitt mir die Kleider vom Leibe und verursachte mir so große Pein, daß ich mich gewaltsam beherrschen mußte, um nicht durch Schmerzgebrüll Langfeld zu unterbrechen, der im Begriffe war, seinen Bericht vom Stapel zu lassen.

„Ehe ich beginne, Sir,“ sagte er, „möchte ich mir die Frage erlauben, wie jene mißglückte Expedition gegen die Sklavenräuber zu Ende gekommen ist. Lastet doch das Odium[ws 1] dieses Fehlschlages allein auf meinen Schultern.“

Kapitän Vernon sah den zweiten Leutnant groß an.

„Mein lieber Langfeld,“ erwiderte er, „was reden Sie da? Fehlschlag? Odium? Mann, die Expedition war ein großer Erfolg! Leider waren ja, soweit die armen Schwarzen in Betracht kommen, viel Menschenleben zu beklagen; aber wir haben die Brigantine genommen und auch den Schoner wieder flott gekriegt und dabei nur vier Leute verloren – da Sie beide wieder da sind. Es war eine ganz ausgezeichnete Affäre, trefflich geleitet und verwegen durchgeführt, und das Ende und Resultat derselben wird ein hübsches Sümmchen Prisengeld für alle Mann und wohlverdiente Beförderung für Sie, Collins und Burke sein.“

Jetzt sah Langfeld den Kapitän groß an.

„Sie setzen mich in Erstaunen, Sir,“ entgegnete er. „Das letzte, was ich von der Sache weiß, ist, daß nach einem langen und hartnäckigen Kampf der Schoner wegsackte, daß es uns gelang, die Brigg

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Makel, Schandfleck.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/128&oldid=- (Version vom 31.7.2018)