Seite:Der Vampyr.pdf/155

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Wenige Minuten später war ich mit den beiden Kuttern auf dem Wege zu dem brennenden Schiffe. Schnell schossen wir über die glasige Oberfläche der träge wogenden Grundschwell der gewaltigen Rauchwolke zu, die uns als Richtungszeichen diente.

Wir waren kaum eine Seemeile vom „Wolf“ entfernt, da hatte dieser sich bereits von sämtlichen andern Booten ins Schlepptau nehmen lassen; von den Nockten seiner Rahen baumelten Hängematten und Säcke herab, in denen sich Kanonenkugeln befanden. Diese waren dort angebracht, um durch die schwingende Bewegung, in die das mit der Schwell sich hebende und senkende Schiff sie versetzte, seine Fahrt zu fördern.

Der Rumpf der Brigg war von uns aus nicht zu sehen, da sie aber stetig westlich anlag, nahm ich an, daß sie sich mit langen Reemen fortbewegte oder aber sich gleichfalls schleppen ließ.

Die Sonne ging unter, als wir gerade den Rumpf des Schiffes über die Kimmung heraufgebracht hatten. Das ganze Fahrzeug war vorn und achtern eine einzige Flammenmasse, und ich begann einzusehen, daß es da nichts mehr zu helfen und zu retten gab. Trotzdem rojten wir aus Leibeskräften weiter und langten nach einer weiteren halben Stunde auf der Unglücksstätte an.

Noch waren wir eine Kabellänge von dem brennenden Schiff entfernt, da stürzten seine drei Masten krachend über Bord; auf eine Strecke von fünfzig Fuß war die Hitze bereits so groß, daß wir nicht näher herankonnten. In dieser furchtbaren Glut war nichts Lebendes mehr vorhanden; unsere einzige Aufgabe blieb noch die, den Namen des seinem Verhängnis verfallenen Fahrzeugs festzustellen, und dies gelang uns nur unter den größten Schwierigkeiten. Es war der „Egmont von Amsterdam“.

Als wir von dem Qualm und der blendenden Glut klargekommen waren, fanden wir uns etwa sechs Seemeilen von der Brigg entfernt; bis zum „Wolf“ war es eine Strecke von elf Seemeilen. Es war finstre Nacht geworden; das schwarzblaue Firmament war mit Sternen

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/155&oldid=- (Version vom 31.7.2018)