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dem Schiffe nur wenig Leinwand geben, aber diese Hoffnung erfüllte sich nicht, und mit leeren Händen langten wir nach einer Fahrt von weiteren dreiundzwanzig Tagen auf der Höhe der Kongomündung an. Gleich am nächsten Morgen bekamen wir den „Leopard“ in Sicht, und eine Stunde später lagen wir dicht beieinander. Der Kapitän kam an Bord und machte unserm Kommandanten allerlei Mitteilungen. Gegenwärtig, so sagte er, befänden sich keine Sklavenfahrzeuge im Flusse, aber er habe die Nachricht erhalten, daß drei Schiffe von Kuba hier täglich erwartet würden. Auch bestätigte er, was unser Skipper von dem Gouverneur von Sierra Leone bereits vernommen hatte, nämlich daß große Mengen von gefangenen Schwarzen, die am Ufer flußaufwärts angesammelt waren, um an die Sklavenkäufer ausgeliefert zu werden, von Zeit zu Zeit auf geheimnisvolle Weise verschwunden seien, und zwar, wie man festgestellt hatte, immer nur dann, wenn man außer Kriegsschiffen keine andern Fahrzeuge in der Gegend gesichtet hatte.

Um die Mittagzeit machte der „Leopard“ sich auf die Heimreise nach England, wo seine Mannschaft abgemustert werden sollte. Wir aber braßten wieder voll und gingen nach kurzer Fahrt zwei Seemeilen von Padron Point, dem südlichen Vorland der Flußmündung, in neun Faden Wasser zu Anker.

Obgleich der Kapitän des „Leopard“ versichert hatte, daß gegenwärtig keine Fahrzeuge im Kongo seien, so wollte unser Skipper sich doch selbst von der Richtigkeit dieser Behauptung überzeugen. Verhielt es sich wirklich so, dann gab es keine günstigere Gelegenheit für uns, den Fluß ohne Belästigung zu erforschen und kennen zu lernen, um dann, wenn es erforderlich wurde, mit der Korvette schnurstracks hineinlaufen zu können, ohne erst lange wie mit verbundenen Augen umhertappen zu müssen.

Gleich nach dem Mittagessen wurde die Gig zu Wasser gebracht, Mr. Austin übernahm ihre Führung, und ich wurde ihm gleichsam als Adjutant beigegeben. Alle Mann waren in voller Bewaffnung. Die

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)