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Menge von zwölf Zoll langen Schnüren mit daraufgereihten Fruchtkernen, Glasperlen und andern kleinen Dingen dicht herabhingen. Dazu trug Lubemba einen zwei Zoll breiten Reif von gelbem Metall um Kopf und Stirn, der sehr künstlich mit durchbrochener Arbeit verziert war; ähnliche Reifen umgaben ihre Oberarme, an jedem Handgelenk klirrten vier oder fünf massive, schön gearbeitete Armbänder, und um jeden ihrer Knöchel lag ein gleicher Schmuck. Hierzu kamen schwere Ohrringe, die das Ohr, das sonst sehr niedlich gewesen wäre, durch die lang herabgezogenen Ohrläppchen häßlich entstellten. Zuerst hatte ich alle diese Metallgegenstände für Messing gehalten, jetzt, bei Tageslicht, aber erkannte ich in ihnen reines, gediegenes Gold.

Sogleich bei unsrer Ankunft an dem Wasserbecken hatte Lubemba ein neues Feuer augezündet, und als sie uns nicht mehr behilflich zu sein brauchte, war sie in den Wald gegangen, aus dem sie nach Verlauf einer Stunde mit drei langen, dünnen Bambusschäften und drei mit den Wurzeln ausgehobenen Baumstämmchen zurückkehrte. Alles dieses steckte sie sogleich ins Feuer und arbeitete wohl eine Stunde daran herum, bis sie aus den Bambusschäften drei sehr brauchbare Lanzen oder Wurfspieße hergerichtet und die Stämmchen in drei Keulen verwandelt hatte. Jedem von uns schenkte sie einen Speer und eine Keule, die übrigen Waffen beihielt sie für sich.

So ausgerüstet, waren wir nunmehr bereit, unsre Wanderung fortzusetzen. Selbstverständlich lag uns alles daran, sobald als irgend möglich wieder an Bord unsres Schiffes zu gelangen, und Langfeld unternahm es, Lubemba von dieser unsrer Absicht in Kenntnis zu setzen.

Das führte zu allerlei komischen Szenen, aber zuletzt hatten seine Bemühungen doch den gewünschten Erfolg, und mit frischem Mut begaben wir uns wieder auf den Marsch.




Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/87&oldid=- (Version vom 31.7.2018)