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unanständig und zeugt von ungebildeten Manieren. Man kann durch Schweigen in ebensowenig mißzuverstehender Weise seine Ansicht kundthun, als wenn man sich wie ein Straßenjunge im Theater oder Konzert benimmt. Wie der gebildete Mann seine Ansichten stets nur in diskreter Weise äußern und niemand aufdrängen soll, so muß er sich im Theater und Konzert immer in den durch den Anstand und den feinen Ton vorgezeichneten Linien bewegen. Freilich glauben heutzutage gerade junge Leute, ihre Gesinnungstüchtigkeit stets beweisen und zur Schau tragen zu müssen, und halten es womöglich für die größte Unterlassungssünde, irgend eine Kunstrichtung, eine Ansicht, die sie nicht teilen zu können – sich einbilden, über sich ergehen zu lassen, ohne dagegen zu protestieren; sie sollen sich aber doch einmal prüfen, ob sie stets und überall so gesinnungstüchtig sind und auch dann, wenn es gilt, ihre Ansichten durch mehr zu verfechten, als durch schüchternes Zischen, solange es niemand sieht, und an Orten, wo ihnen nichts geschehen kann; und ob es nicht viel öfter die Lust am „Krakehl“ ist, die sie veranlaßt, sich unpassend zu benehmen, als ihre innere Überzeugung – wenn sie wirklich eine haben. Gewiß soll man stets bemüht

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Alban von Hahn: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. Otto Spamer, Leipzig [1896], Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Verkehr_in_der_Guten_Gesellschaft.pdf/195&oldid=- (Version vom 31.7.2018)