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Gespräch eingehen zu müssen, so benutze man jede Gelegenheit, dasselbe auf ein andres Thema überzuleiten. Natürlich soll man selbst eine feste Meinung, sowohl in politischen wie in religiösen Dingen haben, auch wissen, warum man so denkt und nicht anders, daran aber lasse man sich genügen; nichts ist undankbarer, als Proselyten machen zu wollen, als zu versuchen, andre zu seiner Ansicht zu bekehren. Man schließe doch von sich selbst auf andre: ebensowenig wie man selbst seine Ansicht, die man sich nach und nach gebildet hat, nicht auf ein kurzes Gespräch hin ändern wird, ebensowenig wird man verlangen können, daß ein andrer sofort die seinige aufgibt, zu der er vielleicht erst nach ebenso langen Zweifeln und Kämpfen gelangt ist. Auch hier gilt, was früher schon von der Gesinnungstüchtigkeit gesagt worden ist; man kann ja ruhig nebeneinander leben, wenn man auch weiß, daß der andre unsre Ansicht in gewissen Punkten nicht teilt, man braucht diese Punkte eben nur nicht zu berühren. Und außerdem ist es doch durchaus nicht unser Beruf, für das geistige Wohl und Wehe andrer zu sorgen, die einen im Grund eigentlich gar nichts angehen. Gespräche politischer Art selbst hervorzurufen ist unpassend. Sehr

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Alban von Hahn: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. Otto Spamer, Leipzig [1896], Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Verkehr_in_der_Guten_Gesellschaft.pdf/215&oldid=- (Version vom 31.7.2018)