Seite:Der alte Gobelin.pdf/14

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die stets dann beginnt, wenn ich Bargeld sehe. Der Herr hat mich grob getäuscht.“

Er stäubte das Pulver durch Klopfen auf die Zeitung, und Harst faltete das Blatt dann sorgfältig zusammen und steckte es zu sich. – Zwancza drückte sich jetzt durchaus wie ein gebildeter Mann aus, und als er uns Platz zu nehmen bat, geschah es mit einer Höflichkeit, die mich stutzig machte.

„Es war heute wieder derselbe Ausländer bei mir, der bereits dreimal größere Mengen Ziegenkäse kaufte,“ begann er und schob uns eine Zigarrenkiste hin, die keine Stinkadores enthielt. „Bedienen Sie sich bitte … Machen Sie mir die Freude, hier etwas zu genießen … Auch dieser Rotwein ist kein Blaubeersaft – – und ohne „Pulver“ …“ Zwancza lächelte traurig. „Man hängt an alten Gewohnheiten, man stellt sich sehr schwer um, obwohl ich doch fünf Jahre dazu Zeit hatte. Vor fünf Jahren ging nachts mein Schloß in Flammen auf, meine Frau und meine beiden Töchter fielen bei der Verteidigung, – ich brauche Ihnen wohl nicht zu erklären, wer die Angreifer waren, meine Güter lagen in der schlimmsten Wetterecke Galiziens, und die sogenannten Insurgenten hatten Maschinengewehre und leichte Geschütze, – es waren blutige Monate für die, die es mit Österreich hielten …“ Er machte eine kleine Pause. Sein Blick war leer, sein Kopf hing schief, seine Brust arbeitete … „Ich bin Graf Jaromir Josef Rudolf Zwancza, ehemals Kammerherr, Oberst, Magnat, – – jetzt Ziegenkäsefabrikant und … verkommen. Wer sein Weib und seine Kinder im eigenen brennenden Schloß zu Asche zerfallen sieht, wer mit Kolbenstößen vor ein frisch geschaufeltes Erdloch getrieben wird und wer sein Leben nur dem lächerlichen Zufall verdankt, daß die Schufte sämtlich betrunken waren, – meine Herren, das zertrümmert alles in uns, das hinterläßt nicht einmal Schmerz oder Haß,

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der alte Gobelin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_alte_Gobelin.pdf/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)