Seite:Der alte Gobelin.pdf/20

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Kommen Sie weiter, Miß Saalfield. Ist in Ihrer Wohnung einmal ein Paket Käse abgegeben worden?“

Sie mußte lächeln. „Ich kaufe Käse nur in geringen Mengen …“

„Sind Sie tagsüber viel abwesend?“

„Vormittags stets. Es ist ein Zufall, daß ich heute nach Hause kam. Professor Huber wünschte längst einmal mein Atelier zu sehen.“

Harst ging schneller.

„Nannte der Kommissar seinen Namen?“

„Natürlich … Es war ein Herr von einer Reservemordkommission … Ich glaube er hieß … er hieß Doktor Stücke, Mücke oder so ähnlich, jedenfalls ein Gentleman mit Monokel, wie aus dem Modenblatt geschnitten.“

„Also … Lücke, Doktor Hans Lücke. – Liegt denn Mord vor?“

„Ja, – das ist’s ja eben, Herr Harst. Sie werden ja alles sehen und hören. Anscheinend kennen Sie Doktor Lücke …“

„Ob wir ihn kennen!! – Wie starb der Mann?“

„Er ist erstochen worden … Ich fand ihn in dem Raume neben dem Atelier, den ich mir durch eine Holzwand habe abteilen lassen, im Blute schwimmend vor. Professor Huber besichtigte meine Porträtskizzen, ich ging in das Nebengemach, mein Bett steht hinter einem Vorhang, ich wollte mir ein sauberes Taschentuch holen … – Verzeihen Sie, ich rede wohl sehr ungereimt, aber ich bin geradezu wie vor den Kopf geschlagen, – stellen Sie sich mein Entsetzen vor: Ein Fremder liegt neben dem Korbsessel am Fenster, – zuerst hatte ich ja gar nicht hingeschaut …“

Sie hielt wacker mit uns Schritt. Wir überquerten den Kolberger Platz, – drüben die Zaunpforte wurde von einem Beamten in Uniform bewacht, Neugierige

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der alte Gobelin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_alte_Gobelin.pdf/20&oldid=- (Version vom 31.7.2018)