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Ich mußte in Ihrem Eßzimmer hinter dem Wandschirm bleiben. Der Kerl durfte nicht wissen, daß ich ins Haus geschlüpft war. Ich beobachtete Sie beide. Hätte sich einer von Ihnen den Fenstern genähert, würde ich gerufen haben. So aber ist es besser. Der Halunke soll naß wie eins Katze werden.“

– Wir hatten inzwischen die erste Überraschung überwunden. Harst fragte geradezu: „Wer ist’s?“

Frank Castle Froest befühlte seinen Unterarm. „Wenn ich das wüßte, wäre ich nicht abgeneigt, um eine anständige Zigarre zu bitten. Jedenfalls ein unheimlich fixer Kerl, kaltblütig, schlau, tollkühn, frech … – danke verbindlichst, lieber Harst … Ohne Zigarre bin ich nur ein halber Mensch.“ Er rieb ein Zündholz an … „Schließen Sie den Lappen ein, und dann wollen wir beraten, wie wir den Mann fangen können. Leicht wird das nicht sein, verlassen Sie sich in dem Punkt auf meine Erfahrung.“

Die schwere Tür des[1] modernen Tresors sprang lautlos auf, der Gobelin wurde hineingeschoben, Harst wandte halb den Kopf und meinte leise: „Niemand kann wissen, was geschieht. Ich will Ihnen das Stichwort des Kombinationsschlosses nennen, lieber Froest. Es heißt Dezember. Möglich, daß Sie den Gobelin plötzlich brauchen und daß wir nicht gleich zur Hand sind.“

Er blickte vor sich hin auf den dunkelroten Afghanteppich. „Vielleicht gehen wir in diesem Falle „Gobelin“ vollständig auf Seitenpfaden, die sich nachher in Brachland verlieren. Ich habe einen Verdacht, gewiß, aber ich bin wieder unsicher geworden. – Schwebt zwischen den beiden Linien der Saalfields ein Prozeß?“

Der alte Froest hob erstaunt den Kopf. Auch er hatte das zarte Muster des Teppichs eingehend betrachtet. „Das wissen Sie nicht? – Der größte Prozeß, der je die Londoner Anwälte und Gerichte in Atem hielt. Fünf

  1. Vorlage: den
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Max Schraut: Der alte Gobelin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_alte_Gobelin.pdf/36&oldid=- (Version vom 31.7.2018)