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Narkose lagen, pflegen nach Einnahme von Flüssigkeiten sich leicht zu übergeben. Freund Pagel hatte einen Patentmagen.

„Mir ist’s schon viel besser,“ erklärte er. „Also – es soll was in die Fetzen eingewebt sein? Was denn?“

Harst rauchte mit allem Behagen.

„Wenn wir das wüßten! Wir glaubten es auch nur. So mancher irrt sich, mein lieber Pagel.“

Der alte Mann setzte sich aufrecht und rieb seine Handgelenke.

„Wie die Stricke eingeschnitten haben! Schändlich, einen Menschen so brutal zu fesseln …“ Er blickte vor sich hin. Harst griff nach der Unterkante des Gobelins. Es war ein Stück von dreißig Zentimeter Breite und gut zweieinhalb Meter Länge. „Nein, – hier ist nichts von dem, was vorhanden sein müßte, wenn wir uns nicht geirrt hätten … Schade. Ich gebe die Geschichte auf. Eines alten Gobelins wegen riskiere ich mein Leben nicht mehr. – Zeigen Sie mal die anderen Lappen, lieber Froest … Danke … Auch hier würde kein Mensch mit einem Vergrößerungsglas nachträglich eingestickte Buchstaben finden, das stimmt. Das schärfste Glas sieht da nichts. Ich denke, wir verabschieden uns. Sie legen sich am besten ins Bett, Pagel. Schlafen Sie. Morgen wird Ihnen ganz anders zumute sein.“

Gustav Pagel blickte ihn lange an. Mir kam es so vor, als ob in den Augen des Alten ein gewisses Mißtrauen schimmerte. Er meinte vorsichtig: „Sie … Sie … reden so eigentümlich, Herr Harst … Sie verbergen mir etwas. Ein Mann wie Sie läßt doch nicht eher locker, bis er einen vollen Erfolg buchen kann.“ Dann senkte er wieder den Kopf, die Falten um seinen Mund schienen sich zu vertiefen, und ein gramvoller, mir bis dahin unbekannter Zug trat in sein bleiches Gesicht.

„Vielleicht,“ sagte Harst nach einer Pause, „liegt

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Max Schraut: Der alte Gobelin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_alte_Gobelin.pdf/46&oldid=- (Version vom 31.7.2018)