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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass

Nebel. Aber glücklich der Mann, der heute dort steht, wo morgen die große Mehrzahl ebenfalls stehen wird. Er wird immer an der Spitze gesehen und ist der geborene Vorläufer und Führer.

Hardens unbotmäßige Zähigkeit erlebte viele stolze Augenblicke. Stolz war der Augenblick, da ihn der große Bismarck einlud zu der Flasche Steinberger Kabinett, die ihm der Kaiser zum Geburtstag geschickt hatte, und da er nun mit dem Begründer des Reiches den Wein, welchen der gemeinsam Gehaßte geschenkt hatte, trinken konnte auf das Wohl des deutschen Landes. Stolz war der Augenblick, wo die mächtige konservative Partei, Adel und Landwirtschaft, ihn zur Führung ihrer Presse berief und er mit einem großen Gestus ablehnen konnte, was für andere Literaten der begehrteste Glanz und seit Friedrich Julius Stahls Zeiten für einen Juden unerreichbar war. Stolz jener Augenblick, wo die deutsche Schriftstellerschaft ihm eine Ehrenfeder schickte, als dem einzigen, der nur auf sich gestellt, als unabhängiger Privatmann mit der Feder zu Deutschlands führendem Geist geworden war. Stolz der Augenblick, da die alte intrigante Spinne Holstein aus ihrem Bau kroch und ihre politischen Geheimnisse und Informationen Maximilian Harden zutrug, der den Machtsüchtigen nun vor den Wagen seiner „Zukunft“ spannte.

Aber es war gewiß Hardens bester Stolz, daß er, der am meisten Beneidete, so viele Ämter, Titel und Orden - ablehnen konnte.

Seine Kampfnatur ersehnte nur den Ruhm, in ganz großen Kämpfen den Kranz der Blutzeugen und kühnen Wahrheitsager zu erringen.

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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass. Jüdischer Verlag, Berlin 1930, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_j%C3%BCdische_Selbstha%C3%9F.pdf/180&oldid=- (Version vom 31.7.2018)