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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass

Diplomaten und warf ihre Schatten bis in Verträge und Völkerbündnisse der großen Politik.

Harden wagte in seinen Aufsätzen zuweilen spöttische Andeutungen, welche nur ein kleiner Kreis ganz Eingeweihter verstehen konnte. Durch einen Zufall aber trug er in die dem Kaiser nächststehende Tafelrunde eine große Unruhe. Ein Hohenzollernprinz war durch homoerotische Handlungen, die zum Skandale führten, aus der Gunst des Kaisers gefallen. Er verteidigte sich mit der Behauptung, daß andere, die weit Schlimmeres getan hätten, die nächsten Vertrauten des Kaisers seien und verwies auf Anspielungen in der „Zukunft“. Der Kronprinz überbrachte die betreffenden Artikel dem Kaiser. Dieser war überrascht und forderte Klärung.

Die Hardenschen Artikel bewitzelten den Fürsten Philipp v. Eulenburg und Hertefeld, die glänzendste Persönlichkeit am deutschen Kaiserhofe, welche von Bismarck stets gehaßt, vom Kaiser aber stets bewundert worden war. Ihn und seinen nächsten Freund, den Grafen Kuno v. Moltke (damals waren beide schon fast sechzigjährige Männer), hatte Hardens Parodie einen übergefühligen Briefwechsel führen lassen, in welchem Konfidenzen von Hofe durchgehechelt und die Personen aus der Umgebung des Kaisers mit ihren nur den Eingeweihten bekannten Decknamen benannt wurden; der Kaiser selber mit der Bezeichnung „Liebchen“. Ein solcher Briefwechsel war wirklich geführt worden. Harden wußte, daß Moltke durch vierzig Jahre hindurch jeden Tag seinen Freund Eulenburg, wofern dieser von Berlin abwesend war, über alle Vorkommnisse bei Hofe auf dem laufenden hielt. Er wußte auch, daß zwischen

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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass. Jüdischer Verlag, Berlin 1930, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_j%C3%BCdische_Selbstha%C3%9F.pdf/184&oldid=- (Version vom 31.7.2018)