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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass

der Realismus das eine Mal jüdische Weltanschauung, und das andere Mal das Bollwerk gegen die „mythenbildende Phantasie der Juden“. Und ähnlich ist (je nachdem es gefällt) heute der Sozialismus, der Bolschewismus und morgen der Kapitalismus „jüdisch“. Oder heute: der Fortschritt, der Radikalismus, die Revolution. Morgen dagegen: der Stillstand, die Stagnation und die Reaktion.

In welches der beiden Scharniere aber paßt nun das System Otto Weiningers? Wohin gehört seine erstaunliche Lehre, daß das Jüdische nichts anderes sei als –: „die Buhlgewalt des Weibes, das den geistigen Vatergott zur trägen Materie herabzog“.

Nie haben in einem Menschen Wurzel und Gipfel so gehadert. Wir müssen tief einschneiden, um die kranke Stelle im Knochenmarke zu finden.


Wenn man Völker einteilen dürfte in Völker der Grenze und Völker der Unendlichkeit, in Völker der Plastik und Völker der Musik, dann möchte ich wohl dem jüdischen Volk (und übrigens auch dem deutschen) eher ein Pathos der Unendlichkeit zubilligen und eher das rhythmische Pulsen der Musikalität als die plastische Sicherheit der strengen Grenze. Was mit dieser Behauptung gemeint ist, wird dem Leser am leichtesten verständlich werden, wenn wir ausgehen von dem Einfluß der Juden auf die Mathematik.

Vor nahezu einem Menschenalter, etwa um die gleiche Zeit, da das Werk Weiningers erschien, veröffentlichte ich eine Abhandlung zur Psychologie der Mathematik, welche zu zeigen suchte, daß die damals mächtig einsetzende

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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass. Jüdischer Verlag, Berlin 1930, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_j%C3%BCdische_Selbstha%C3%9F.pdf/84&oldid=- (Version vom 29.12.2019)