Seite:Der rätselhafte Gast.pdf/29

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Und in dem Kanu lagen der Kopf des Mädchen, die gelbe Reisetasche und die halbe Lederjacke …“

„Ja …“

„Sie haben das Kanu an Land geschleppt und den Kopf in das Leder gewickelt und im Morgengrauen beides in Schonung versteckt …“

„Und nachmittags in meiner Freizeit das Grab hergerichtet, Herr Harst … Inzwischen hatten die Frauen, die im Walde Holz sammelten, das Kanu und die Reisetasche mit dem Gelde bereits gefunden. Und da war’s für mich natürlich zu spät, zur Polizei zu gehen und alles zu melden, da ich fürchtete, man würde mich womöglich des Mordes verdächtigen. Gerade die Geldsumme, die ich schon nachts in der Reisetasche entdeckte und der Beutel mit Gold, der in der Tasche des Stückes Lederjacke steckte, ließen mich ja mit der Anzeige an die Polizei zögern und veranlaßten mich, erst einmal abzuwarten … Mein Gedankengang dabei war folgender: Die Polizei wird leicht auf den Verdacht kommen, daß du, der das Mädchen auch in ihrem Zimmer beobachtet hat, wußtest, sie verfüge über größere Summen, daß du ihr deshalb aufgelauert hast, nach verübter Tat aber nur einen Teil des Geldes an dich genommen hast – aus Schlauheit!

Harald nickte … „So unrichtig dieser Gedankengang an sich ist, Herr Schöller: Ihre Angst ist begreiflich! Sie als Laie in kriminellen Dingen überschauten die Sachlage eben nicht. Sie meinten und meinen noch, das Mädchen sei ermordet worden … Daß Sie auf die Schiefertafel „Verunglückt“ schrieben, taten Sie nur, um …“

„… ja, um, falls dieses grausige Erlebnis von mir doch preisgegeben werden müßte, mich meines Schweigens wegen darauf hinausreden zu können, ich hätte lediglich einen Unfall angenommen …“

„Unfall – welcher Art, Herr Schöller?“

„Das … das weiß ich nicht, Herr Harst, habe darüber auch nicht nachgedacht … Bedenken Sie, in welcher Gemütsverfassung ich mich damals befand …! Bedenken Sie, daß

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der rätselhafte Gast. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1925, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_r%C3%A4tselhafte_Gast.pdf/29&oldid=- (Version vom 31.7.2018)