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Ich besitze von meiner Großmutter mütterlicherseits her ein Vermögen von achtundvierzigtausend Pfund Sterling. Dieses Vermögen wird von der Bank von England verwaltet. Es soll nun die gesamte Summe zur Errichtung eines Heims für Kinder von im Weltkriege gefallenen deutschen Soldaten verwendet werden, und zwar soll der frühere preußische Rittmeister Karl v. Selchow, wohnhaft Berlin N., Kleine Auguststraße 10, die freie Verfügung über meine Hinterlassenschaft erhalten, da ich mit Herrn v. Selchow hinsichtlich des erwähnten Kinderheims alles genau vereinbart habe. Karl v. Selchow besitzt nach wie vor mein volles Vertrauen, und alles, was ich, dem Willen meiner Brüder gehorchend, gegen ihn unternahm, geschah nur zum Schein. – Da ich weiß, daß meine Brüder mein erstes gleichlautendes Testament heimlich vernichtet haben, werde ich diese Urkunde, die ich eigenhändig und im Vollbesitz meiner Geisteskräfte niederschreibe, unter dem Schutzblech des Ofens hier in meinem Zimmer im Schwedischen Pavillon verbergen und dafür sorgen, daß Herr v. Selchow sie für mich in Verwahrung nimmt.

Nach dem Deutschen[1] Bürgerlichen Gesetzbuch und auch nach englischem Recht ist dieses Testament gültig.

Ich hoffe, daß mein Vermächtnis so segensreich wirken wird, wie ich es erwarte.

Lydia Ellinor Bessy Salnavoor.     

Harald und ich hatten die Urkunde gleichzeitig überflogen …

Kopfschüttelnd meinte Harst nun:

„In der Tat ein seltsames Vermächtnis!“

„Erscheint dir etwas an diesem Testament nicht einwandfrei?“

„Hm … Ich möchte darüber vorläufig noch nicht sprechen … Wir werden jedenfalls sofort nach Berlin fahren und Herrn v. Selchow aufsuchen …“

Er steckte das Testament in seine Brieftasche und setzte hinzu:

  1. Vorlage: Deuschen
Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der rätselhafte Gast. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1925, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_r%C3%A4tselhafte_Gast.pdf/46&oldid=- (Version vom 31.7.2018)