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„Das ist ja der Rittmeister, der in München wegen Taschendiebstahls verurteilt wurde und der seitdem alle Behörden mit seinen Gesuchen um Wiederaufnahme des Verfahrens in Atem hält … Man glaubt, daß er zu jener Sorte von harmloseren Entgleisten gehört, die einmal in einer schwachen Stunde vom Pfade der Ehrlichkeit abgewichen sind und die nachher sich auf jeden Fall rehabilitieren möchten. Der Herr ist sogar persönlich einmal bei mir gewesen … Er machte auf mich einen recht günstigen Eindruck. Nun freilich gewinnt seine „Leidensgeschichte“, wie er sich stets ausdrückte, ein ganz anderes Aussehen …“

„Allerdings!“ nickte Harst. „Der Mann ist fraglos sogar sehr gefährlich – sehr! Wir wollen nun alles Nötige zu seinem Empfang vorbereiten, lieber Lüder. Der Kapitän setzt sich an Deck … Wir beide, Schraut und ich, spielen die Gefangenen hier in der Kajüte. Der Kapitän ist zuverlässig.“

„Die Herren können sich unbedingt auf mich verlassen,“ bestätigte der Dicke treuherzig … „Ich werde Selchow schon einwickeln, genau wie er mich eingewickelt hat … Der Lump redete mir vor, es handele sich nur darum, die Miß gefangen zu nehmen, und …“

„Wissen wir alles …,“ unterbrach Harald ihn … „Stopfen Sie sich jetzt Ihre Pfeife und bleiben Sie als Lockvogel an Deck …“ –

Sechs Uhr nachmittags …

Harald und ich saßen in der Kajüte … Zum Schein waren die Bretter wieder lose vor die kleinen Fenster genagelt worden …

Die Kajütentür war verschlossen. Der Kapitän hatte den Schlüssel …

Soeben hatte ich eins der Fensterbretter gelüftet und sah über den Pfad, der die Wiesen durchquerte, sehr eilig sechs Leute nahen – voran der Rittmeister mit zwei Damen, von denen die eine die schlanke Pflegerin war, hinterdrein drei Herren …

„Harald!!“

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Max Schraut: Der rätselhafte Gast. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1925, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_r%C3%A4tselhafte_Gast.pdf/63&oldid=- (Version vom 31.7.2018)