Seite:Der weiße Maulwurf.pdf/40

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gefolgt sei, und wir prüften das Kellergelaß mit jener Sorgfalt, die man sich im Laufe der Jahre angewöhnt und die auch nicht die geringste Kleinigkeit außer acht läßt. Der Boden war mit Ziegelsteinen ausgelegt, jedoch voller toter Blätter und feuchter Erde. An der Holzdecke oben hingen lange Spinnengewebe, Spinnennetze mit schwarzen großen Hausspinnen spannten sich von den Querbalken zur Mauer oder nach oben zu den dicken Bohlen der Decke, die Mauern selbst waren feucht, mit weißen Pilzfeldern überzogen und verbreiteten jenen faden, fauligen Geruch, der für den Champignonzüchter ein Genuß, für andere Sterbliche ein Ekel ist.

In der Erdschicht und in den faulenden Blättern war nicht eine einzige Fußspur zu erkennen. Wenn nicht die Türgelenke geölt und die beiden neuen Patentschlössern vorhanden gewesen wären, hätte man glauben können, dieser Keller sei seit Jahren nicht betreten worden.

Harald deutete auf ein morsches Brett, das über Erde und Blätter lag und bis zur anderen Wand reichte – wie ein fester Pfad, der keine Fährte annahm.

Wir standen auf diesem Brett, und wie wir noch horchend und mißtrauisch nur die Blicke umherschweifen ließen, mischte sich in das eintönige Rauschen und Prasseln und Gurgeln der Regenmassen ein anderer Laut …

Unbestimmbar seiner Natur nach …

Es klang wie leises Stöhnen …

Harsts Gesicht neigte sich …

Zwei weiße Lichtkreise irrten wie verlorene Seelen durch die Finsternis, und der Schatten meines halb erhobenen Armes glitt über die Wand wie ein finsterer, bedächtiger Spuk.

Die beiden Laternenkegel vereinigten sich, verschworen zu einer weißen Eieruhr am Boden, und dieser Lichtfleck geriet in Wallung, als ob er von unten her in seiner Bewegung gestört würde. Erdreich und faule Blätter, Ziegelsteine und ein paar zerbrochene hölzerne Harken bäumten sich empor, klafften als zackiges Loch, aus dem ein weißer Tierschädel

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der weiße Maulwurf. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1932, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_wei%C3%9Fe_Maulwurf.pdf/40&oldid=- (Version vom 31.7.2018)