Seite:Deutsch Franz Jahrbücher (Ruge Marx) 109.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Gemeinde müsste ihn daher gern mit Allem versorgen wollen, was er nöthig hat, so sollte man meinen, eine grosse Familie müsste der Gemeinde ein sehr wünschenswerthes Geschenk sein. Aber der Oekonome in der Rohheit seiner Anschauung kennt kein andres Aequivalent, als das ihm in handgreiflichem baarem Gelde ausgezahlt wird. Er sitzt so fest in seinen Gegensätzen, dass die schlagendsten Thatsachen ihn eben so wenig kümmern, wie die wissenschaftlichsten Prinzipien.

Wir vernichten den Widerspruch einfach dadurch, dass wir ihn aufheben. Mit der Verschmelzung der jetzt entgegengesetzten Interessen verschwindet der Gegensatz zwischen Uebervölkerung hier und Ueberreichthum dort, verschwindet das wunderbare Faktum, wunderbarer als alle Wunder aller Religionen zusammen, dass eine Nation vor eitel Reichthum und Ueberfluss verhungern muss; verschwindet die wahnsinnige Behauptung, dass die Erde nicht die Kraft habe die Menschen zu ernähren. Diese Behauptung ist die höchste Spitze der christlichen Oekonomie – und dass unsre Oekonomie wesentlich christlich ist, hätte ich bei jedem Satz, bei jeder Kategorie beweisen können, und werde es seiner Zeit auch thun; die Malthus’sche Theorie ist nur der ökonomische Ausdruck für das religiöse Dogma von dem Widerspruch des Geistes und der Natur und der daraus folgenden Verdorbenheit Beider. Diesen Widerspruch, der für die Religion und mit ihr längst aufgelöst ist, hoffe ich auch auf dem ökonomischen Gebiet in seiner Nichtigkeit aufgewiesen zu haben; ich werde übrigens keine Vertheidigung der Malthus’schen Theorie für kompetent annehmen, die mir nicht vorher aus ihrem eignen Prinzip heraus erklärt, wie ein Volk von lauter Ueberfluss verhungern kann, und dies mit der Vernunft und den Thatsachen in Einklang bringt. –

Die Malthus’sche Theorie ist übrigens ein durchaus nothwendiger Durchgangspunkt gewesen, der uns unendlich weitergebracht hat. Wir sind durch sie, wie überhaupt durch die Oekonomie, auf die Produktionskraft der Erde und der Menschheit aufmerksam geworden, und nach der Ueberwindung dieser ökonomischen Verzweiflung vor der Furcht der Uebervölkerung für immer gesichert. Wir ziehen aus ihr die stärksten ökonomischen Argumente für eine soziale Umgestaltung; denn selbst wenn Malthus durchaus Recht hätte, so müsste man diese Umgestaltung auf der Stelle vornehmen, weil nur sie, nur die durch sie zu gebende Bildung der Massen diejenige moralische Beschränkung des Fortpflanzungstriebes möglich

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Engels: Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie. In: Deutsch-Französische Jahrbücher. Bureau der Jahrbücher, Paris 1844, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_109.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)