Seite:Deutsch Franz Jahrbücher (Ruge Marx) 141.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

beweist es viel mehr als es sollte: beweist es namentlich, dass die sämmtlichen Streitigkeiten, in welche die Regierungen seitdem mit ihren Ständen geriethen (vielleicht absichtlich hervorgerufen, gewiss aber) vorher schon alle entschieden waren; dass Jene weder den Muth hatten mit dieser Entscheidung vorzutreten, noch Diese die Klugheit — oder die Lust? — das nur zu merken. —

Den Konstitutionalismus im Prinzip angreifen ist aber für Deutschland eine ganz unfruchtbare Arbeit. — Die Theorie hat ihn längst hinter sich, — und in der Praxis hat er in Deutschland nie bestanden. Es bleibt daher nichts übrig, als ernsthaft die Affenkomödie zu beschauen, einmal wie die deutschen Potentaten es nicht zu proklamiren wagen, dass sie dem hektischen Konstitutionskrüppel nächtlicher Weile den Hals herumgedreht haben, — und wie auf der andern Seite mit allem Pathos und dem ganzen Selbstgefühle des Liberalismus die deutschen Stände vor der heiligen Bundeslade „Verfassung“ Schildwache stehen, und nie einen Blick hineinwagen — weil sie mit Recht fürchten, weil sie wissen, es sei nichts drin. Und daran thun sie wohl, denn sie haben weiter nichts gelernt — wenn sie an diesen Traum nicht mehr glauben dürfen, dann müssen sie sterben! —

Kommen wir zur Sache.

Das Protokoll enthält sechzig Paragraphen, welche aber alle nichts anderes sind, als die Variationen des Thema’s im § 17:

„Die Regierungen werden nicht gestatten, dass die Stände über die Gültigkeit der Bundesbeschlüsse berathen und beschliessen.“ -

Das Protokoll ist ein Bundesbeschluss (§ 60), es umfasst und vernichtet alle Rechte der Stände: der König Ernst August der Gerechte war daher allein ehrlich und so couragirt, als es dem deutschen Volke gegenüber nöthig ist, da er die Verfassung in Hanover ausdrücklich aufhob. Dass er dafür nicht die wahren Gründe angab, macht seinen Gewaltstreich nur noch gewaltiger und sein Muth verdiente nicht besonders hervorgehoben zu werden, wenn er dem hanöverischen Lande gegenüber erklärt hätte, es sei ihm die Hülfe des Bundes zugesichert. Zu was daher all das viele andere Gerede, zu was all die vielen Hiebe auf einen todten Hund? Das ist die Wollust der Tyrannei, die man, wie gesagt, nur in Deutschland kennt. Das Todesurtheil ist unterschrieben — eine rasche Execution ist unnöthig und zu flackerfreudig — man begnügt sich, dass man den Strik zuziehen kann, wenn man will — und reisst nur manchmal daran, dass das arme Deutschland nie vergesse, wie es geknebelt ist. —

Empfohlene Zitierweise:
Klemens Wenzel Lothar von Metternich, Ferdinand Cœlestin Bernays: Schlussprotokoll der Wiener Ministeral-Konferenz vom 12. Juny 1834. In: Deutsch-Französische Jahrbücher. Bureau der Jahrbücher, Paris 1844, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_141.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)