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Tabaksdosen und Pfeifenköpfen vergöttern lässt, wenn er ohngefähr ein Achtel von dem gesagt hat, was er eigentlich meint – – – nein, nein, Ich will Euch nur ein Histörchen offen zum Besten geben, das Ihr Mir selber leise anvertraut habt, das Euren legitimen Hof, mit all’ seinen Reminiscenzen an den Grossherzog Ludwig, an Caspar Hauser, an die Abkunft des legitimsten aller Grossherzöge, des „bürgerlich-freundlichen“ Leopold, das Euer constitutionelles Offiziercorps,– kurz das Euere ganze Misere so treffend charakterisirt, – das kleine Geschichtchen von der Vertreibung des Judenbarons von Haber.

Das grossherzoglich badische Volk hatte die obrigkeitliche Erlaubniss erhalten das bürgerliche Schauspiel „Verfassungsjubiläum“ öffentlich zu geben. Da es dem Sujet selbst an aller Tiefe, an Ideen, an concreter Wahrheit und Handlung fehlt, so konnte man es auch nur in diesem Sinne, lahm und langweilig, in Scene setzen, was Jedermann schon im Voraus fühlte der nur die Theaterzettel – die Programme und die Zeitungen las. Den angeblichen Helden des Stückes, das Volk, hatte man theilweise in die Reihen der Statisten, theilweise sogar zu den Claqueurs verwiesen, und die Schauspieler die mit ihrer bekannten Mittelmässigkeit, ohne Kunst und ohne Enthusiasmus ihre Monologe abdeklamirlen, halten den Aerger zu verbeissen, dass ihr vornehmes Publikum, der grossherzogliche Hof, seine Beamten und seine Offiziere, die man durch eine gelungenere Aufführung zu erschrecken vermeinte, für den Augenblick in ihrer gewohnten Contenance blieben.

Aber auch der Hof und Herr von Blittersdorf nebst Anhang hatten sich verrechnet: Die Hoffnung von der Affaire Nutzen ziehen zu können, war an der Langweiligkeit und Gefahrlosigkeit des zweiundzwanzigsten August gescheitert und man hatte sich schon in der traurigen Nothwendigkeit gesehen, auf eine Demonstration gegen den gespreizten, wenn auch nichts sagenden Ton der Augustushelden zu verzichten, als Markgraf Wilhelm, ein Feind der regierenden Adelsparthei, auf eigene Faust Konstitution und Volk zu blamiren unternahm. – Wir können auch Komödie spielen, ruft er seinen Offizieren zu, und das besser als sie. Unser Sujet sei die Revolution, wir selber, Hof, Adel und Offiziere die Komödianten, die Canaille sei unser Publikum, ein Jude das Opfer, – nehmt Euch zusammen: wenn wir besser spielen als Ihr, und Ihr klatscht nicht, – dann lass’ ich Kanonen aufführen; – ich will Euch zeigen, was es heisst, uns mit Verfassungsjubiläen ennuiren! Gesagt, gethan! Vierzehn Tage nach der

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Ferdinand Cœlestin Bernays: Zeitungsschau. In: Deutsch-Französische Jahrbücher. Bureau der Jahrbücher, Paris 1844, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_218.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)