Seite:Deutsch Franz Jahrbücher (Ruge Marx) 231.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
VOLTAIRE, SCHILLER UND GOETHE.

Die D. A. Z. vom 8ten spricht nochmals ihre Entrüstung über die unpatriotischen Dresdner Tischreden aus, und erklärt, sie hätte ja nichts gegen das Essen, aber alles Mögliche gegen das Reden dabei. Der Korrespondent beschwert sich in Einem Athem über die Schlechtigkeit, die deutsche Sprache „unklar“ zu nennen, und über das Missgeschick, mit seiner deutschen Entrüstung dem Publikum das erste Mal „unklar“ geblieben zu sein. Wir, die wir die Schwierigkeit, im Deutschen vollkommen klar zu sein, nicht verkennen, hoffen dennoch, auf den ersten Wurf verstanden zu werden, wenn wir die Ohren des Herrn Korrespondenten, der die Dresdner Reden gehört hat, übel gebildet, sein Herz aber, das nicht gleich überlief, sehr unschlüssig finden. Er hätte gleich den Beweis liefern müssen, dass er bei aller Deutschheit wisse, was „Geist“ sei. Er that es nicht, und es wäre so leicht gewesen: um es zu wissen, brauchte er nur „Voltaire“ zu kennen. Alsdann hätte er es auch nicht für einen Vorwurf, sondern für einen grossen Ruhm gehalten, Voltaire’s Nachfolger zu sein, denn das bedeutet nichts Geringeres, als Geist haben und sein Jahrhundert beherrschen. Voltaire verdient den Hass der Beschränktheit in ganz Europa; und dass er ihn geniesst, beweist nur seine Grösse. Göthe und Schiller haben das Jahrhundert der Aufklärung hinter sich, und sie werden nur deshalb nicht mit derselben Verfolgung beehrt, weil weder ihr Princip noch ihre Konsequenzen so schlagend hervortreten. Zudem ist kein Dichter primitiv. Er hat die alle Welt nicht zu zerstören. Sein Beruf ist es nicht, Prinzipien zu finden, sondern sie auszubilden und an die Massen zu bringen. Primitiv sind nur die Denker. Ein grosses Prinzip durchführen, ist aber natürlich eben so ehrenvoll, als es aufstellen. Uebrigens ist es sehr begreiflich, dass die Fabel, Voltaire sei eigentlich ein Affe gewesen, dem Correspondenten der D.A.Z. zusagt; so braucht sogar er nicht zu verzweifeln, noch einmal ein grosser Schriftsteller zu werden.


DIE BEILAGE DER AUGSBURGER ZEITUNG VOM**

Weiss mir keiner das Meer von Theologie zu erklären?
Seekrank macht mich der Dunst, welcher die Zeitung erfüllt! –
„Schwaben nennt man das Meer, Vicare führen die Kiele:
„Jeder im Archipel sucht nach der Insel – Pfarrei.“

Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Cœlestin Bernays: Zeitungsschau. In: Deutsch-Französische Jahrbücher. Bureau der Jahrbücher, Paris 1844, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_231.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)