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W. Wernigh, Ingenieur: Zusammenstellung der Vorzüge und Nachtheile einiger Ketten- und Seilschiffahrts-Systeme In:Deutsche Bauzeitung, 16. Jg. 1882, Seiten 275-277

wieder auf die Apparate gelegt werden. Dies erfordert bedeutenden Zeitaufwand.

Der Tauer erfordert ein Stationsschiff, welches das von demselben an der Endstation abgeworfene Kabel aufnimmt, im Falle derselbe die Thalfahrt mittels der Schrauben bewerkstelligt.

Eine Spleißung des 42 mm dicken Kabels erfordert großen Zeitaufwand.

Abänderungen der Länge des Kabels bei Veränderung des Fahrwassers sind schwer auszuführen und erfordern sehr großen Zeitaufwand.

Große Abnutzung des Kabels durch Klemmung in den Klappen der Fowler’schen Trommel; dieselbe verursacht Flächenbildung der Drähte.

Ueberanstrengung der Drähte des Kabels durch Biegungen in entgegen gesetzter Richtung und gleichzeitiges Klemmen der Fowler’schen Klappen – verursacht Querbrüche der Drähte.

Ein schwächeres Seil als 42 mm ist nach Erfahrung nicht praktisch anwendbar wegen der Beschädigung des Seils durch die Fowler’sche Trommel und wegen der raschen Abnützung von deren Rille bei Verwendung von schwachem Kabel.

Schiffer bleiben in dem schweren Kabel mit den Ankern hängen und müssen abwarten, bis ein Tauer den Anker wieder frei hebt.

Das Kabel erhält dicke Drähte 4,6–4,75 mm – wegen der Klemmung in den Klappen der Fowler’schen Trommel. Dies Material ist stets schlechter als das dünn ausgezogener Drähte.

Das alte Seil hat nur geringen Werth.

III. Drahtseil-Schleppschiff. (Wernigh’s System.)

Die Uebertragung der Kraft wird durch die ruhende Reibung eines Trommelpaares und die Erzielung der Endspannung und Abführung des Seiles über die Schiffsmitte durch besondere Apparate bewirkt.

(Seilabführungs-Apparat mit Verwendung der Seilscheibe mit wellenförmiger Rille zur Vermehrung der Kraft übertragenden Reibung. Durchmesser des Stahldraht-Seils 22 mm.)

(D. R.-P. No. 5361.)

Die Erfahrungen eines 6 monatlichen Betriebes mittels zweier Tauer auf der Strecke Rotterdam-Ruhrort (Ryn Kabelsleepvaart Maatschappij) ergaben:

Vorzüge.

Das Seil ist über die Mitte des Schiffes geführt und es befindet sich daher das Triebwerk im Schiffsmittel. Durch die symmetrische Anordnung der Gewichte ist ein geringes Deplacement erreicht, somit:

Geringer Tiefgang des Seilschiffes. Obige Tauer, mit den Maaßen der Kettenschiffe ausgeführt, würden einen zu geringen Tiefgang erhalten, um gut schleppen zu können, daher sind dieselben bei gleicher Leistungsfähigkeit mit geringeren Maaßen als die Kettenschiffe herzustellen.

Der Apparat zur Erzielung der Endspannung des Kabels von dem Trommelpaar dient gleichzeitig zur Einleitung und Abführung desselben und ist an den Enden des Schiffes symmetrisch angebracht; es wird hierdurch ein Vor- und Rückwärtsfahren ermöglicht.

Hierdurch leichtes Vermeiden von Kollisionen mit anderen Fahrzeugen.

Beliebige Steuerfähigkeit (dieselbe kann nach Erforderniss erhöht werden, je nach der Stellung des vorderen Apparates gegen die Schiffsmitte).

Während des Betriebes ist das Kabel stellenweise Verlegungen ausgesetzt[WS 1] und zwar durch Anker, Schricks etc. Dieses verbogene Kabel wird durch die Seilscheibe mit wellenförmiger Rille ebenso gut wie ein gerades Kabel abgeführt.

Geringe Abnützung der maschinellen Theile.

Geringe Reparaturkosten des Seilschiffs.

Spleißungen des nur 22 mm dicken Kabels sind in kurzer Zeit auszuführen.

Seilbrüche auf den Trommeln sind durch die Konstruktion des Triebwerks gänzlich vermieden.

Die Abnützung des Seiles ist höchst unbedeutend.

Das Seil erhält nur die der Schleppleistung entsprechende Stärke.

Geringes Gewicht des Seiles, pro m 1,86 kg, und durch den großen Aufhub desselben vom Flussbette erhöhte Steuerfähigkeit des Tauers und gleichzeitig geringer Kraftverlust durch den schrägen Anzug des Kabels während der Fahrt.

Geringe Anlagekosten des 22 mm dicken Seiles; pro 100 kg 45 M. – pro m 0,837 M. – pro Meile 6 277 M.

Der Tauer ist auch bei tiefem Wasser verwendbar.

Leichteres Heben des dünnen Kabels aus den Versandungen.

Die Konstruktion dieses Seilschiffes gestattet die Verwendung desselben in den verschiedensten Größen.

Der Apparat zur Abführung des Kabels gestattet den Betrieb bei Frost (Eis), bei welchem die Schiffer sich häufig in gefährlicher Lage befinden.

Die Kreuzung der Fähren ist durch Anwendung eines Fährschlosses bei diesem dünnen Kabel ermöglicht.

Die Drähte des dünnen Kabels sind 2,5 mm dick, daher gut ausgezogen und somit aus vorzüglich erprobtem Material.

Nachtheile:

Das Seilschiff erfordert besondere Apparate zur Erzielung der Endspannung des Kabels von dem Trommelpaar und gleichzeitiger Abführung des Kabels vom Deck.

Größere Anlagekosten dieses Seilschiffes als des Kettenschiffes.

Absichtliche Beschädigung des dünnen Kabels leichter auszuführen als bei der Kette.

Verlängerung und Verkürzung des Kabels bei Veränderung des Fahrwassers ist nur in ganz ausnahmsweisen Fällen nöthig, da das Kabel durch die große Steuerfähigkeit des Tauers leicht in das neu gebildete Fahrwasser durch den Tauer selbst verlegt werden kann. Bei sehr bedeutender Veränderung des Fahrwassers kann die Verlegung des Kabels mittels der kleinen Kähne (Flieger) des Anhangs bewerkstelligt werden, indem dieselben das leichte Kabel auf eine größere Strecke hoch nehmen und der Tauer alsdann die Fahrt in das neu gebildete Fahrwasser direkt ausführt. Auf diese Art wurde auf der Oder die Verlegung in kürzester Zeit bewerkstelligt.

Bleiben Schiffer im Seile mit den Ankern hängen, so wird dasselbe mittels der Ankerwinde hoch gewunden und das leichte Kabel alsdann abgeworfen.

Das leichte Herholen des dünnen Kabels während des Befahrens von Kurven und die hierdurch veranlasste Schleifenbildung wird durch die große Steuerfähigkeit des Seilschiffes wieder ausgeglichen, da dasselbe ein stetes Wiederverlegen desselben in das richtige Fahrwasser ermöglicht, so dass die Bildung von Schleifen vollständig vermieden werden kann. Bei ausnahmsweise starken Kurven und kiesigem Flussbette gestattet das Seil die Anwendung von Vorrichtungen {Brittel etc.), welche dasselbe in der nöthigen Lage erhalten.

Das alte Seil hat nur geringen Werth.

Die obige Zusammenstellung zeigt, dass das Seilschiff, bei welchem die Kraftübertragung durch die ruhende Reibung eines Trommelpaares und die Erzielung der Endspannung und Abführung des Seiles über die Schiffsmitte mittels Anwendung der Seilscheibe mit wellenförmiger Rille bewirkt wird, alle die wesentlichen Eigenschaften besitzt, welche ein brauchbares Schleppschiff erfordert, und zwar:

1) Geringen Tiefgang des Seilschiffes,

2) große Steuerfähigkeit des Seilschiffes,

3) kleine Dimensionen „ „

4) geringe Reparaturkosten des Seilschiffs,

5) Möglichkeit sofortiger Berg- und Thalfahrt,

6) geringe Anlagekosten des Seiles,

7) geringe Abnützung desselben.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ausgetzt
Empfohlene Zitierweise:
W. Wernigh, Ingenieur: Zusammenstellung der Vorzüge und Nachtheile einiger Ketten- und Seilschiffahrts-Systeme In:Deutsche Bauzeitung, 16. Jg. 1882, Seiten 275-277. Kommissionsverlag von Ernst Toeche, Berlin 1882, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Bauzeitung_No._47_p276.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)