Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 098.jpg

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den Weg würde er schon ohne Licht zeigen und sie sollten nicht irren. Ja er verband ihr noch dazu die Augen, daß die Frau erschrak und schreien wollte, allein der Mann sprach ihr Trost ein: Leid werde ihr gar nicht widerfahren, sondern sie könne furchtlos mitgehen. Also gingen sie miteinander; die Frau merkte darauf, daß er mit einer Ruthe ins Wasser schlug, und sie immer tiefer hinunter gingen, bis sie in eine Stube kamen. In der Stube war niemand als die Schwangere. Der Gefährte that ihr nunmehr das Band von den Augen, führte sie vors Bett und ging, nachdem er sie seiner Frauen anbefohlen, selber hinaus. Hierauf half sie das Kindlein zur Welt befördern, brachte die Kindbetterin zu Bett, badete das Kindlein und verrichtete alle nothwendige Sachen dabei. Aus heimlicher Dankbarkeit warnungsweise hob die Wöchnerin an zur Wehemutter zu sprechen: „ich bin sowohl als ihr ein Christenmensch und entführt worden von einem Wassermann, der mich ausgetauscht hat. Wenn ich nun ein Kind zur Welt bringe, frißt er mirs allemal den dritten Tag; kommet nur am dritten Tag zu eurem Teich, da werdet ihr Wasser in Blut verwandelt sehen. Wenn mein Mann jetzt hereinkommt und euch Geld bietet, so nehmet ja nicht mehr Geld von ihm, als ihr sonst zu kriegen pflegt, sonst dreht er euch den Hals um, nehmt euch ja in Acht.“ Indem kam der Mann, zornig und bös aussehend, hinein, sah um sich und befand, daß alles hübsch aufgelaufen, lobete darum die Wehemutter. Hernach

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_098.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)