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119.
Zauber-Kräuter kochen.
Bräuner’s Curiositäten S. 58–61. aus mündlicher Erzählung.

Im Jahr 1672 hat sich zu Erfurt begeben, daß die Magd eines Schreiners und ein Färbers-Gesell, die in einem Hause gedient, einen Liebeshandel mit einander angefangen, welcher in Leichtfertigkeit einige Zeit gedauert. Hernach ward der Gesell dessen überdrüssig, wanderte weiter und ging in Langensalza bei einem Meister in Arbeit. Die Magd aber konnte die Liebesgedanken nicht los werden und wollte ihren Buhlen durchaus wieder haben. Am heiligen Pfingst-Tage, da alle Haus-Genossen, der Lehr-Junge ausgenommen, in der Kirche waren, that sie gewisse Kräuter in einen Topf, setzte ihn zum Feuer und sobald solche zu sieden kamen, hat auch ihr Buhle zugegen seyn müssen. Nun trug sich zu, daß, als der Topf beim Feuer stand und brodelte, der Lehr-Junge, unwissend, was darin ist, ihn näher zur Glut rückt und seine Pfanne mit Leim an dessen Stelle setzt. Sobald jener Topf mit den Kräutern näher zu der Feuer-Hitze gekommen, hat sich etliche mal darin eine Stimme vernehmen lassen und gesprochen: „komm, komm, Hansel, komm! komm, komm, Hansel, komm!“ Indem aber der Bube seinen Leim umrührt, fällt es hinter ihm nieder wie ein Sack und als er sich umschaut, sieht er einen jungen Kerl daliegen, der nichts als ein Hemd am Leibe hat, worüber er ein jämmerlich

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_218.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)