Frau, bei dieser diente eine Haushälterin, Jungfer
Eli genannt, die war bös und geitzig und wenn arme
Leute kamen, ein Allmosen zu bitten, trieb sie
sie mit einer Peitsche fort und band die kleine Glocke
vor der Thüre fest, daß die Armen nicht läuten
konnten. Endlich ward Jungfer Eli todtkrank,
man rief den Pfarrer, sie zum Tode vorzubereiten und
als der durch der Abtissin Baumgarten ging, sah er
Jungfer Eli in ihrem grünen Hütchen mit weißen Federn
auf dem Apfelbaum sitzen, wie er aber ins Haus
kam, lag sie auch wieder in ihrem Bette und war böse
und gottlos, wie immer, wollte nichts von Besserung
hören, sondern drehte sich um nach der Wand,
wenn ihr der Pfarrer zureden wollte und so verschied
sie. Sobald sie die Augen schloß, zersprang die Glocke
und bald darauf fing sie an, in der Abtei zu spuken.
Als eines Tags die Mägde in der Küche saßen und
Vizebohnen schnitten, fuhr sie mit Gebraus zwischen
ihnen her, gerade wie sie sonst leibte und lebte und
rief: „schniet ju nich in de Finger, schniet ju nich in
de Finger!“ und gingen die Mägde zur Milch, so saß
Jungfer Eli auf dem Stege und wollte sie nicht vorbeilassen,
wenn sie aber riefen: „in Gottes Namen gah
wi derher“ mußte sie weichen und dann lief sie hinterher,
zeigte ihnen eine schöne Torte und sprach:
„Tart! Tart!“ wollten sie die nun nicht nehmen, so
warf sie die Torte mit höllischem Gelächter auf die Erde
und da wars ein Kuhfladen. Auch die Knechte sahen
sie, wenn sie Holz haueten, da flog sie immer
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_221.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)