Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 339.jpg

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Hungersnoth ihre Milch gegeben, und aus Dankbarkeit nahm sie ihre glänzende Krone vom Haupt ab und warf sie der Braut in den Schooß. Sodann verschwand sie, aber die jungen Leute hatten großen Segen in ihrer Wirthschaft und wurden bald wohlhabend.






221.
Die Jungfrau im Oselberg.
Crusii analecta paralipom. c. 17. p. 68


Zwischen Dinkelsbühl und Hahnkamm stand auf dem Oselberg vor alten Zeiten ein Schloß, wo eine einige Jungfrau gelebt, die ihrem Vater als Wittiber Haus hielt und den Schlüssel zu allen Gemächern in ihrer Gewalt gehabt. Endlich ist sie mit den Mauern verfallen und umkommen, und das Geschrei kam aus, daß ihr Geist um das Gemäuer schwebe und Nachts an den vier Quatembern in Gestalt einer Fräulein, die ein Schlüsselbund an der Seite trägt, erscheine. Dagegen sagen alte Bauern dieser Orte aus, von ihren Vätern gehört zu haben, diese Jungfer sey eines alten Heiden Tochter gewesen und in eine abscheuliche Schlange verwünscht worden; auch werde sie in Weise einer Schlange, mit Frauenhaupt und Brust, ein Gebund Schlüssel am Hals, zu jener Zeit gesehen.



Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_339.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)