Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 384.jpg

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Tisch saß, bisweilen darüber zweifelte, welches seine rechte leibhafte Frau wäre, denn es folgte ihm, wenn er gleich aus dem Hause zog, doch allenthalben nach. Als ihm eben seine Frau vorschlug, in die Wohnung, die hernach jener Doctor inne hatte, zu ziehen, dem Gespenst auszuweichen, hub es an mit lauter Stimme zu reden und sprach: „du ziehest gleich hin, wo du willst, so ziehe ich dir nach, wenn auch durch die ganze Welt.“ Und das waren keine bloße Drohworte, denn nachdem der Stallmeister ausgezogen war, ist die Thüre des Hinterhauses wie mit übermäßiger Gewalt zugeschlagen worden und von der Zeit an hat sich das Gespenst nie wieder in dem verlassenen Hause sehen lassen, sondern ist in dem neubezogenen wieder erschienen.

Wie die Edelfrau Kleidung anlegte, in derselben ist auch das Gespenst erschienen, es mogte ein Feierkleid oder ein alltägliches seyn, und welche Farbe als es nur wollte; weswegen sie niemals allein in ihren Haus-Geschäften, sondern von jemand begleitet, ging. Gemeinlich ist es in der Mittagszeit zwischen elf und zwölf Uhr erschienen. Wenn ein Geistlicher da war, so kam es nicht zum Vorschein. Als einmal der Beichtvater Johann Prüscher eingeladen war und ihn beim Abschied der Edelmann mit seiner Frau und seiner Schwester an die Treppe geleitete, stieg es von unten die Treppe hinauf und faßte durch ein hölzernes Gitter des Fräuleins Schürz und verschwand, als dieses zu schreien anfing, Einsmals ist es auf der Küchen-Schwelle

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_384.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)