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318.
Der Roßtrapp und der Cretpfuhl.

Behrens Harzwald S. 121 und 130.
Seyfried in medulla p. 428.
Melissantes Orograph. h. v.
Otmar S. 181–186.
Quedlinburger Samml. S. 125–128. 147. 148.

Den Roßtrapp oder die Roßtrappe nennt man einen Felsen mit einer eirunden Vertiefung, welche einige Aehnlichkeit mit dem Eindruck eines riesenmäßigen Pferdehufs hat, in dem hohen Vorgebirge des Nordharzes, hinter Thale. Davon folgende abweichende Sagen:

1) Eines Hühnenkönigs Tochter stellte vor Zeiten die Wette an, mit ihrem Pferde über den tiefen Abgrund, Creful genannt, von einem Felsen zum andern zu springen. Zweimal hatte sie es glücklich verrichtet, beim drittenmale aber schlug das Roß rückwärts über und stürzte mit ihr in die Schlucht hinab. Darin befindet sie sich immer noch. Ein Taucher hatte sie einmal einigen zu Gefallen um ein Trinkgeld so weit außer Wasser gebracht, daß man etwas von der Krone sehen konnte, die sie auf dem Haupt getragen. Als er zum drittenmal dran sollte, wagte ers anfänglich nicht, entschloß sich zuletzt doch und vermeldete dabei: „wenn aus dem Wasser ein Blutstrahl steigt, so hat mich die Jungfrau umgebracht; dann eilet alle davon, daß ihr nicht auch in Gefahr gerathet.“ Wie er sagte, geschahs, ein Blutstrahl stieg auf.

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_447.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)