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325.
Das Hühnenblut.
Otmar S. 267–270.

Zwischen dem magdeburgischen Städtchen Egeln und dem Dorfe Westeregeln, unweit des Hakels, findet sich in einer flachen Vertiefung rothes Wasser, welches das Volk: Hühnenblut nennet. Ein Hühne floh verfolgt von einem andern, überschritt die Elbe und als er in die Gegend kam, wo jetzo Egeln liegt, blieb er mit einem Fuße, den er nicht genug aufhob, an der Thurmspitze der alten Burg hangen, stolperte, erhielt sich noch ein Paar tausend Fuß zwischen Fall und Aufstehen, stürzte aber endlich nieder. Seine Nase traf gerade auf einen großen Feldstein bei Westeregeln mit solcher Gewalt, daß er das Nasenbein zerschmetterte und ihm ein Strom von Blut entstürzte, dessen Ueberreste noch jetzt zu sehen sind.

Nach einer zweiten Erzählung, wohnte der Hühne in der Gegend von Westeregeln. Oft machte er sich das Vergnügen, über das Dorf und seine kleinen Bewohner wegzuspringen. Bei einem Sprung aber ritzte er seine große Zehe an der Thurmspitze, die er berührte. Das Blut sprützte aus der Wunde in einem tausendfüßigen Bogen, bis in die Lache, in der sich das nieversiegende Hühnenblut sammelte.

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 423. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_459.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)