Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 490.jpg

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verriethen das verstolene Grab und die Königstochter ward erkannt. Den mit ihrer Leiche beladenen Wagen zogen zwei Stiere fort und blieben an dem Orte stehen, wo sie jetzt begraben liegt und den eine Kirche umschließt. Hier geschehen noch viele Wunder. Das Bild der Schlange befindet sich gleichfalls an dem Stein zu Hochhausen. Auf einem Altargemälde daselbst ist aber Notburga mit ihren schönen Haaren vorgestellt, wie sie zur Sättigung der väterlichen Rachgierde enthauptet wird.


351.
Mauerkalk mit Wein gelöscht.
Cuspinianus hist. Austr. ex relatione seniorum.
Aelurius glätzische Chronik. Buch II. cap 2. p. 97.

Im Jahr 1450. wuchsen zu Oestreich so sauere Trauben, daß die meisten Bürgersleute den gekelterten Wein in die offene Straße ausschütteten, weil sie ihn seiner Herbheit halben nicht trinken mochten. Diesen Wein nannte man Reifbeißer; nach einigen, weil der Reif die Trauben verderbt, nach andern, weil der Wein die Dauben und Reife der Fässer mit seiner Schärfe gebissen hätte. Da ließ Friedrich 3., römischer König, ein Gebot ausgehen, daß niemand so die Gabe Gottes vergießen solle und wer den Wein nicht trinken möge, habe ihn auf den Stephanskirchhof zu führen, da solle der Kalk im Wein gelöscht und die Kirche damit gebaut werden.

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 454. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_490.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)