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394.
Alboin wird dem Audoin tischfähig.
Paulus Diac. I. 23. 24.

Als Alboin, Audoins Sohn, siegreich vom Feldzug gegen die Gepiden heimkehrte, wollten die Longobarden, daß er auch seines Vaters Tischgenoß würde. Audoin aber verwarf dies, weil nach der Gewohnheit des Volks der Königssohn nicht eher mit dem Vater speisen dürfe, bis er von einem auswärtigen König gewaffnet worden sey. Sobald dies Alboin hörte, ritt er, nur von vierzig Jünglingen begleitet, zu Thurisend, dem Gepidenkönig, dessen Sohn Thurismod er eben erlegt hatte, und erzählte ihm, aus welcher Ursache er käme. Thurisend nahm ihn freundlich auf, lud ihn zu Gast, und setzte ihn zu seiner Rechten an der Mahlzeit, wo sonst sein Sohn zu sitzen pflegte. Als nun Thurisend so saß, und seines Sohnes Mörder neben sich erblickte, seufzte er vor Schmerz und sprach: „der Platz ist mir lieb, aber der Mann leid, der jetzt darauf sitzt.“ Durch diese Worte gereizt, hub der andere Sohn Thurisends an, der Longobarden zu spotten, weil sie unterhalb der Waden weiße Binden trügen; und verglich sie Pferden, deren Füße bis an die Schenkel weiß sind, „das sind ekelhafte Mähren, denen ihr gleicht.“ Einer der Longobarden versetzte hierauf: „komm mit ins Asfeld, da kannst Du sehen, wie gut die, welche Du Mähren nennest, mit den Hufen schlagen; da liegen Deines Bruders

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_054.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)