Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 079.jpg

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Walther sprach: „führt es mir vor, damit ich es selber sehe.“ Als es herbeigebracht wurde, und er darauf gestiegen war, rief er aus: „o, dieses Roß hat die Lehren noch nicht vergessen, die ich ihm in meinen jungen Jahren gab.“ Hierauf beurlaubte sich Walther von dem Abt und den Brüdern, nahm nur zwei oder drei Knechte mit, und eilte zu den Räubern hin, die er freundlich grüßte und ermahnte, von dem Unrecht abzustehn, das sie den Dienern Gottes zugefügt hätten. Sie aber wurden desto zorniger und aufgeblasener, und zwangen Walthern, das Kleid auszuziehen, welches er trug. Geduldig litt er alles und sagte, daß ihm so befohlen worden sey. Nachdem sie ihn ausgezogen hatten, fingen sie an, auch seine Schuhe und Schienen aufzulösen; bis sie an die Hosen kamen, sprach Walther: das sey ihm nicht befohlen. Sie aber antworteten: „was die Mönche befohlen hätten, daran wäre ihnen gar nichts gelegen.“ Walther hingegen sagte: „ihm stehe das auch nicht länger an," und wie sie Gewalt brauchen wollten, machte er unvermerkt seinen Steigbügel los, und traf damit einen Kerl solcher Gestalt, daß er für todt niedersank, ergriff dessen Waffen, und schlug damit rechts und links um sich. Darnach schaute er, und sah neben sich ein Kalb auf dem Grase weiden, sprang zu, riß ihm ein Schulterblatt aus, und schlug damit auf die Feinde los, welche er durch das ganze Feld hin trieb. Einige erzählen, Walther habe demjenigen, der sich am frechsten erzeigt, und gerade gebückt habe,

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_079.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)