Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 080.jpg

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um ihm die Schuhe abzubinden, mit der Faust einen solchen Streich über den Hals versetzt, daß ihm das zerbrochene Halsbein sogleich in den Schlund gefallen sey. Als er nun viele erschlagen hatte, machten sich die Übrigen auf die Flucht, und ließen alles im Stich. Walther aber bemächtigte sich nicht nur des eigenen, sondern auch des fremden Gutes, und kehrte mit reicher Beute beladen ins Kloster zurück.

Der Abt empfing ihn seufzend, und schalt ihn heftig aus. Walther aber ließ sich eine Buße auflegen, damit er sich nicht leiblich über eine solche That freuen möge, die seiner Seele verderblich war. Er soll indessen, wie einige versichern, drei Mal so mit den einbrechenden Heiden gekämpft, und sie schimpflich von den Gefilden des Klosters zurückgetrieben haben.

Ein ander Mal fand er die Pferde Königs Desiderius auf der Klosterwiese, Namens Mollis (Molard) weiden, und das Gras verwüsten, verjagte die Hüter und erschlug viele derselben. Auf dem Rückwege, vor Freude über diesen Sieg, schlug er mit geballter Faust zwei Mal auf eine neben dem Weg stehende steinerne Säule, und hieb das größte Stück davon herunter, daß es zu Boden fiel. Daselbst heißt es bis auf heutigen Tag noch Walthers Schlag oder Hieb

(percussio vel ferita Waltharii).

Dieser berühmte Held Graf Walther, starb uralt im Kloster, wo er sich selbst noch sein Grab auf einem Berggipfel sorgfältig gehauen hatte. Nach seinem Ableben wurde er und Rathald, sein Enkel, hinein

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_080.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)