Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 107.jpg

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sagte Leo – daß wir an unser Vaterland denken; ich mahne dich, wenn du heut Nacht die Pferde in den Stall gebracht hast, so laß dich nicht vom Schlaf bewältigen; sondern sey munter, wann ich dich rufe, daß wir uns alsobald fortmachen können.“ Der Franke hatte aber wieder viele Verwandten und Freunde zu Gast geladen, unter andern den Schwiegersohn, der mit seiner Tochter verheurathet war. Als sie nun um Mitternacht aufstiegen, und schlafen gehen wollten, reichte Leo seines Herrn Schwiegersohn einen Becher zu trinken. Der scherzte und sprach: „wie, Leo? möchtest du wohl mit deines Herren Pferden durchgehen, und wieder in deine Heimath?“ Er antwortete gleichsam scherzweise die Wahrheit, und sagte: „ja heunt Nacht, wenns Gottes Wille ist.“ „Wenn mich nur – erwiederte der Schwiegersohn – mine Leute gut bewachen, daß du mir nichts von meinen Sachen mit entführest.“ So im Lachen schieden sie von einander. Wie aber alle entschlafen waren, rief Leo den Attalus aus dem Bett. „Hast du ein Schwert?“ – „Nein, blos einen kurzen Spieß." – Da ging Leo in seines Herrn Gemach, und nahm Schild und Lanze. Der Herr aber fragte halbwach: wer bist du, und was willst du? – Leo bin ich, dein Diener; und ich wecke den Attalus, daß er früh aufstehe, und die Pferde zur Weide führe. Denn er verschläft sich, und ist noch trunken.“ Der Herr sprach „thu, wie du meinst;“ und nach diesen Worten schlief er von neuem ein. Leo aber ging zur Thür

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_107.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)