im Stegreif hangen blieb; da trat ihn das Pferd,
daß er für todt da lag. Als ihn nun des Königs
Diener ertreten fanden, huben sie ihn auf mit großem
Leide, führten ihn heim, und er starb am andern Tag.
Da wurde Dagoberten gerathen, zu St. Arbogast zu
schicken; der kam alsbald, und nach viel Rede und
Klage kniete er vor die Leiche, und rief unsre Frauen
an: seit sie, das Leben aller Welt geboren hätte, daß
sie dem Knaben sein Leben wieder erwürbe. Da ward
der Knabe wieder lebend, und stund auf in den Todtenkleidern,
die zog man ihm aus, und thät ihm an
königliche Kleider. Da fielen König und Königin, und
alles ihr Gefolg dem Heiligen zu Füßen, und dankten
seiner Gnaden; weder Gold noch Silber wollte er
nehmen, aber nach seinem Rathe gab der König an
Unser Frauen Münster zu Straßburg, Rufach mit
Aeckern, Wäldern, Wonn und Weide.
Als nun nach vielen Jahren, Arbogast an das Alter kam und krank wurde, sprach er zu seinen Unterthanen: „gleich wie unser Herr Jesus begraben worden wäre auswendig Jerusalems, an der Statt, da man böse Leute verderbet, also wolle er dem Heiland nachfolgen; und wann er verführe, sollte man ihn auswendig Straßburg begraben bei dem Galgen, an die Stätte, wo man über böse Leute richtet.“ Das mußten sie ihm geloben zu thun. Also ward er nach seinem Tode begraben auf St. Michelsbühel, das war der Henkebühel, und stund damals der Galgen da. Da baute man über, sein Grab eine Capelle in Sanct
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_117.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)